Quelle:
Heimatblätter 2004/1 vom
Verein der Heimatfreunde von Niederaußem und Auenheim e.V.
Bearbeitet von Norbert Esser
Die Heimatblätter und andere Publikationen sind bei den Heimatfreunden erhältlich
Inhaltsverzeichnis:
- Vorwort
- Die Errichtung des Rektorats Fortuna
- Die Kolonie Fortuna
- Die Pfarrerrichtung 1922
- Der Kirchbau (1921)
- Feierliche Grundsteinlegung
Vorwort
Durch Verfügung des hochwürdigsten Erzbischöflichen Generalvikariates ist es Pflicht des Pfarrers, eine Chronik über seine Pfarre zu führen. Eine solche Verpflichtung ist erst recht bei einer neu errichteten Pfarre am Platze. Dazu kamen in Fortuna noch ganz besondere außere Verhältnisse hinzu, die für eine spätere Zeit von Interesse sind.Es war die gärende Nachkriegszeit.( Nach dem ersten Weltkrieg) Eine sehr starke Bautätigkeit setzte ein. Die Häuserwuchsen wie Pilze aus der Erde. Eine Schule wurde gebaut.Es fehlte
die Kirche. Zu dem Bau konnte die zum größten Teil neu zuziehende Bevölkerung wesentliches nicht beitragen. Dazu kam die Inflation mit ihrer fortschreitenden Geldentwertung und Unsicherheit. Hier hieß es schnell handeln und zum Ziel kommen.
Der Verfasser hat versucht, diese wechselvolle Entstehungsgeschichte mit ihren vielen Schwierigkeiten möglichst objektiv wiederzugeben. Manche internen Angelegenheiten ließen sich auch hier nicht im Rahmen einer Chronik festhalten. Sie werden ein persönliches Erlebnis dessen bleiben, der mitten in diesen außergewöhnlichen Zeiten gestanden hat und alle Verhältnisse ausnützen mußte, um zum Ziele zu kommen. Das sich da nicht alles glatt abwickelte, ist selbstverständlich. Wenn die Chronik etwas umfangreich wurde, so geschah das nicht zur größeren Ehre dessen, der als Rektor und später als Pfarrer die Verantwortung trug. Im Gegenteil: Das Werk gelang nur dank des Entgegenkommens der Rheinischen Aktiengesellschaft und der Mitarbeit der Pfarrangehörigen.
Die Errichtung des Rektorats Fortuna
Um 1900 war Fortuna kaum bekannt. Es war ein Grubenfeld, wo die sogenannten Klütten durch Handarbeit hergestellt wurden. Im Jahre 1899 kauften die Elisabetherinnen aus Essen das Kloster Bethlehem, um dort ein Haushaltspensionat zu errichten. Es wurde ihnen ausdrücklich versichert, dass die Grube wohl kaum eine größere Entwicklung nehmen könnte, Man ahnte nicht, welch reiches industrielles Leben sich hier entfalten würde. Es dauerte nicht lange, und der Handbetrieb auf Fortuna wurde in maschinellen umgewandelt die erste Brikettfabrik wurde gebaut. Der vergrößerte Betrieb zog mehr Leute heran, es reihten sich Häuser an Häuser.
Die Kolonie Fortuna
Die Leute gehörten zur Pfarre Oberaussem. Der Weg bis zur Pfarrkirche betrug 25 Minuten. Ein Teil der Bewohner von Fortuna ging nach Quadrath zur Kirche, der größte Teil aber nach dem nahen Kloster Bethlehem , da der Erzbischof Antonius Fischer bei einem Besuch im Kloster den Bewohnern von Fortuna gestattete, in der dortigen Kapelle ihrer Sonntagspflicht zu genügen. Ein großer Teil ging gar nicht zur Kirche. Es tauchte damals schon der Wunsch auf, eine Kapelle in Fortuna zu errichten. Der damalige Rektor Grau befaßte sich näher mit dem Plane und begann zu sammeln. Aber die Sache zerschlug sich.
Es kam ein neuer Pfarrer nach Oberaussem, Werner Leuchter, der den Auftrag erhielt, in die spätere Abtrennung von Fortuna einzuwiligen und für den Bau einer Kirche zu sorgen, da mittlerweile die Anzahl der Bewohner immer mehr stieg und eine besondere Seelsorge notwendig wurde. Es wurde ein Kirchenbauverein unter dem Vorsitz des Pfarrers gegründet und mit der Sammlung von Geldern begonnen. Jeden Sonntag gingen Kinder durch die Häuser. Wenn 5000 Mark zusammen wären, sollte eine Diözesankollekte veranstaltet werden. Es fanden auch Versammlungen des Vorstandes statt, wobei sich besonders Herr Rössler und Herr Mörs Mühe gaben. Aber allmählich schlief die Sache ein.
Nun kam der Ausbruch des Weltkrieges (1914) der Kirchenbau von St. Barbara war erledigt; es fehlte zu sehr an der Förderung durch die Pfarre. Für den Kirchgang war ja einigermaßen durch den Gottesdienst in Bethlehem gesorgt, und so löste sich nach und nach das Band mit der Pfarrkirche immer mehr.
Nach dem Kriege setzte eine rege Bautätigkeit in Fortuna ein. Die Förderung der Kohle war bereits im Kriege gestiegen. Die Seelenzahl wuchs. Das Bedürfnis nach einer Kirche wurde infolgedessen immer dringender. Es traten die Bewohner von Fortuna an Herrn Pfarrer Leuchter heran mit der Bitte um eine zweite hl. Messe in Bethlehem; die Erlaubnis wurde vom Generalvikariat erteilt. Nach Möglichkeit sollte aber auch in der zweiten hl. Messe gepredigt werden. Eine Entschädigung an die Schwestern für die Benutzung der Kapelle wurde von den Bewohnern von Fortuna bezahlt. Es wurde auch der Kirchenbauverein wieder ins Leben gerufen. Der Vorsitzende besuchte mit dem derzeitigen Rektor von Bethlehem, Herrn Heinrich Meurers, dem späteren Pfarrer, die Leute und warb neue Mitglieder, die sich verpflichteten, monatlich 5 Mark zu zahlen. Die Beiträge wurden durch die Vorstandsmitglieder eingesammelt. Im Sommer 1920 kam Herr Weihbischof Müller zur Visitation.
Herr Dechant Benger von Kirchherten, und Herr Definitor Trockel aus Niederaußem waren vorher zur Einreichung von Berichten über die Notwendigkeit eines Kirchenbaues in Fortuna aufgefordert worden, da vielfach Klagen über die hier herrschenden Verhältnisse in Köln eingelaufen waren.Es wurde eine Diözesankollekte beantragt und bewilligt, die 80.000 Mark eintrug. Der Kirchenbauverein veranstaltete Theaterabende, Verlosungen, Konzerte usw. zum Besten des Sammelvereins, die zusammen mit den Haussammlungen die Summe von 20.000 Mark aufbrachten. Herr Pfarrer Leuchter hatte sich an die Rheinische Aktiengesellschaft gewandt bezüglich einer Unterstützung des Kirchbaues. Es wurde wiederholt eine „namhafte“ Beihilfe zugesagt, aber dafür sei der Zeitpunkt noch nicht da, weil der Gelandeaufschluß in der neuen Siedlung noch nicht zu einem Resultat gekommen sei. Es bestand damals die Möglichkeit die große Wirtschaft von Korbmacher mit Saal auf Fortuna zu kaufen. Die Rheinische Aktiengesellschaft kaufte das Anwesen auf, da sie es für eine Kircheneinrichtung nicht geeignet hielt. Es herrschte anfangs eine große Erregung gegen die Gesellschaft. Es erwies sich später doch als besser für die Bewohner. Das Jahr 1921 sollte sich fur unsere weitere Entwicklung als entscheidend zeigen. Der neue Erzbischof von Köln, Karl Josef Schulte, wurde auf unsere Verhältnisse aufmerksam gemacht, einmal durch die Klagen die einliefen dann aber auch durch den Generaldirektor der Rh.A.G., Herrn Dr. Silverberg.
Am 12. April 1921 erschien der Erzbischof mit Herr Domkapitular Dr. Ott selbst in Bethlehem, um die Angelegenheit in Fluß zu bringen.
Es war schon bei der letzten Visitation der Plan erwogen worden Fortuna eine eigene Seelsorge zu geben, und zwar durch Errichtung einer Kaplanstelle in Oberaussem. Pfarrer Leuchter wolte aber, dass der Kaplan in Bethlehem wohnen sollte. Die Schwestern lehnten das aber ab, zumal der Plan ohne ihr Wissen in Köln durch den Pfarrer vorgetragen worden war. Es hätte das auch Unzuträglichkeiten ergeben, da Bethlehem zur Pfarre Bergheim gehörte. Dies war eigentlich die nächste Veranlassung zum Eingreifen Seiner Eminenz. Er nahm zunächst mit den Schwestern Rücksprache, die einen Kaplan ablehnten und vorschlugen, dass der Rektor des Hauses die Seelsorge übernehmen sollte. Rektor Meurers erklärte sich damit einverstanden, unter der Bedingung , dass er selbständig die Seelsorge habe. Der Bischof fragte auch später Pfarrer Leuchter um sein Einverständnis, der aber vorschlug, dass der Rektor von Bethlehem Vikar an der Pfarrkirche in Oberaussem werde, was aber abgelehnt wurde. Dann fuhren Se. Eminenz zum neuen Kirchplatz der von der Rh.A.G. in Aussicht genommen war, und man einigte sich auf ihn, obschon ein Platz an der Bethlehemerstraße vorzuziehen gewesen wäre.
Wenige Tage später erhielt Rektor Meurers die Anstellungsurkunde als Pfarr- Rektor von Fortuna, mit allen Pfarrrechten, die im Einzelnen aufgezählt waren. Dieselbe wurde laut Verordnung am folgenden Sonntag, dem 24. April 1921 publiziert. Es blieben aber noch einige Fragen offen, die später zu Differenzen führten. Diese wurden durch
eine Verfügung der Kölner Behörde entschieden. Die Leitung des Kirchenbauvereins blieb allein in den Händen des Rektors.
Bei der Kirchenvorstandswahl waren die bisherigen Vertreter von Fortuna wegen ihrer Stellung in der Verpachtungsfrage nicht mehr gewählt worden. An ihre Stelle trat nur ein einziger Beamter von
Fortuna, der die Wahl bald ablehnte. Fortuna war nun ohne einen Vertreter, obwohl die Pfarrerrichtung zur Debatte stand.
Wir verlangten eine Ersatzwahl. Diese wurde aber immer mehr hinausgeschoben, bis alsdann von der Kölner Behörde die Neuwahl eines Vertreters angeordnet wurde, aus der das frühere Mitglied Adam Berrendorf hervorging.
Die Pfarrerrichtung 1922
Mit der Errichtung des Seelsorgerektorats wurde sogleich die Errichtung einer eigenen Pfarre vom Generalvikariat in Aussicht genommen. Die Einrichtung einer Kapellengemeinde mit eigener Vermögensverwaltung hätte dieselben Schwierigkeiten, abgesehen davon, dass das Rektorat nicht in der Lage war, das Rektorgehalt aufzubringen, während bei der Pfarre die Staatszuschüsse eine wesentliche Erleichterung bedeuten. Die damals geforderte Seelenzahl von 1000 war vorhanden. Es war sogar mit einem starken Anwachsen zu rechnen. Auch die weltliche Behörde erkannte die Notwendigkeit der Errichtung einer selbständigen Pfarre an. Nach langem zögern beschloß der Kirchenvorstand von Oberaussem in seiner Sitzung vom 5. April 1922 Fortuna als Pfarre abzutreten. So war glücklich ein ganzes Jahr verflossen, bis der fragliche Beschluß
des Kirchenvorstandes zustande kam. Die Grenze wurde zwischen dem neuen und dem alten Kraftwerk gezogen. Irgendwelche Vermögensstücke erhält die neue Pfarre nicht. Es wurde die Erwartung ausgesprochen, dass die Pfarre Bergheim das Kloster Bethlehem abtritt, und Fortuna von Quadrath die an Fortuna stoßenden, aber zu Quadrath gehörenden Häuser hinzu erhält. Der Kirchenvorstand von Quadrath erklärte sich bereit, die Häuser abzutreten, aber nicht den Grund und Boden. Das Ersuchen, den Weg von Quadrath nach Fortuna, von dort weiter laufend am Tagebau vorbei, als Pfarrgrenze zu nehmen, wurde abgelehnt. Darauf verzichtete Fortuna auf jede Abtrennung von Seiten Quadraths.
Der Kirchenvorstand von Bergheim genehmigte in seiner Sitzung vom 2. Juli 1922 die Abtretung des Klosters Bethlehem, während die kirchliche Gemeindevertretung sie ablehnte. Damit waren die Wege geebnet; die Beschlüsse gingen an das Generalvikariat, von dort an die Regierung, um den üblichen Instanzenweg zu durchlaufen. Die Sache zog sich sehr in die Länge trotz der Förderung von vielen Seiten. Die Schwierigkeiten lagen beim Finanzministerium das keine Pfarre mehr genehmigen wollte aus Sparsamsrücksicht. Jedenfalls mußten die Zuschüsse der Pfarre erhöht werden, zumal die Inflation immer weiter fortschritt. Zweimal mußten dem damaligen Geldkurse entsprechend nachgewiesen werden, dass die Pfarre die Hälfte des Pfarrgehalts aufbringen könne.
Es war im November 1922. Bei Gelegenheit der Grundsteinlegung der neuen Kirche bat der Rektor Meurers Herrn Generaldirektor Dr. Silverberg um seine Vermittlung beim Kultusministerium in Berlin. Er erklärte sich gerne bereit zu helfen, wenn wir ihm den Dezernenten angeben wollten. Dieses geschah kurz darauf schriftlich. Nach acht Tagen schrieb Herr Generaldirektor, dass der Pfarrerhebung keine Schwierigkeiten im Wege ständen, bis jetzt seien die Akten noch nicht in Berlin. Nach 14 Tagen traf die Urkunde ein, die erste Pfarrerhebung seit 1 1/2 halb Jahr, nachdem das Generalvikariat gerade eine Neuaufstellung des Etats entsprechend dem neues ten Geldkurs eingefordert hatte. Dadurch waren wir einen großen Schritt weiter gekommen. Die Nachricht rief große Freude in der Gemeinde hervor.
Am 12.Februar 1923 wird Fortuna zur Pfarrei erhoben.
Am Sonntag, dem 11. März 1923 erschien Herr Dechant Benger von Kirchherten in einer feierlichen Nachmittags-Andacht, um die Pfarrerhebung bekannt zu geben. Der Rektor wurde zum Pfarrverwalter ernannt. Die Ernennung des Pfarrers zog sich noch bis zum 28. März hin, da Rektor Meurers Bedenken in gesundheitlicher Hinsicht geltend machte. Am zweiten Sonntag nach Ostern, am 15. April fand die Einführung in die nunmehrige Pfarrkirche statt. Die Feier gestaltete sich erhebend, wie es immer in einer jungen Gemeinde der Fall sein würde, die ihren ersten Pfarrer erhält, nachdem die Jahre lang zusammen mit ihrem Seelsorger an dem großen Werk gearbeitet hat. Am Abend fand ein großer Fackelzug nach Bethlehem statt, an dem alle, gleich welcher politischen Richtung, beteiligten.
Einige Zeit später erfolgte die erste Wahl zum Kirchenvorstand und zur kirchlichen Cemeindevertretung. Es war der 24. Juni 1923. Aus der Wahl gingen hervor als die Mitglieder des Kirchenvorstandes:
Herr Otto Ermert, Oberingenieur,
Herr Adam Berrendorf, Betriebsführer,
Herr Joseph Orlean, Rechnungsführer,
Herr Peter Radermacher, Arbeiter,
Herr Joseph Paffenholz, Arbeiter,
Herr Heinrich Wirtz, Arbeiter.
Mitglieder der kirchlichen Gemeindevertretung:
Herr Peter Phiesel
Herr Johann Hintzen
Herr Peter Büttgen
Herr Heinrich Gronendahl
Herr Johann Frings
Herr Hermann Schroeder
Herr Heinrich Maus
Herr Wilhelm Schäfer
Herr Wilhelm Klein
Herr Johann Kessel
Herr Jakob Wingendorf
Herr Wilhelm Gieser
Herr Joseph Weitzel
Herr Joseph Fischer
Herr Ludwig Kraus
Herr Schuldzinski
Herr Christian Golzheim
Der Kirchbau (1921)
Die wichtigste Aufgabe der Gemeinde war die Schaffung eines eigenen Gotteshauses, da die Kapelle in Bethlehem viel zu klein war, und auf die Dauer für Fortuna nicht in Frage kam. Aus eigenen Mitteln konnte die Gemeinde niemals zu einer Kirche kommen. Die einzige Möglichkeit bestand darin, dass die Rheinische A.G. im wesentlichen den Bau finanzierte. Herr Pfarrer Leuchter hatte zur Zeit schriftlich die Zusage erhalten, dass man helfen würde, sobald die Zeit gekommen sei. Darüber hinaus war man nicht gekommen Persönliche Differenzen mit maßgeblichen Persönlichkeiten der Rh.A.G. hinderten auch ein Vorwärtskommen. Später drehte es sich auch um den Bauplatz, der auf Wunsch von Pfarrer Leuchter an der Bethlehemerstraße liegen sollte. Die Grubenleitung lehnte dies strikt ab, weil dort noch ein Kohlenfeld lag. So kam die Sache zum
Stillstand. Erst durch die Errichtung des neuen Seelsorgerektorats kam die Angelegenheit in Fluß. Der hochwürdigste Herr Kardinal hatte mit Herrn Dr. Silverberg Rücksprache genommen.
Zunächst suchte man sich über den Bauplatz zu einigen. Der Platz an der Bethlehemerstraße konnte nicht mehr in Frage kommen. Es wurde uns ein neuer Platz in der Siedlung von 33/4 Morgen zur Verfügung gestellt. Der Herr Kardinal besichtigte ihn später und hielt ihn auch unter diesen Umständen für geeignet. Der Plan des Kirchenbaues wurde nun mutig in Angriff genommen. Der Kirchenbauverein beschloß in einer offentlichen Versammlung Herrn Regierungsbaumeister Brocker aus Düsseldorf, mit dem Entwurf eines Planes zu beauftragen. Brocker entwarf eine Skizze im Stiele der Siedlungsbauten, in einfachen, aber gefälligen Formen in Ziegelbausteinen. Der Turm trug ein abgestumpftes Dach, im Innern war ein weites Tonnengewölbe vorgesehen. Die Skizze wurde Dr. Silverberg zu Begutachtung durch die Grubenverwaltung eingereicht. Dieser
setzte daraufhin eine gemeinsame Besprechung im Verwaltungsgebäude in Köln in der Herderstraße an, zu der der Baumeister und der Pfarrer eingeladen wurden. Aber erst nach fünf Wochen kam dieselbe zustande. Damals brach gerade der Eisenbahnstreik aus, so daß einmal Herr Dr. Silverberg, ein anderes Mal der Baumeister in Berlin festgehalten wurde. In der Besprechung lehnte Herr Dr. Silverberg den Bau einer Siedlungskirche ab, versprach wohl seine Mitwirkung und wünschte für diesen Fall, den Bau einer Kirche im Barockstil. Er entwarf persönlich eine Skizze nach dem Muster einer italienischen Barockkirche mit einer seitlichen Turmanlage und einer Säulenarkade und empfahl Herrn Baumeister Brocker, in diesem Sinne einen Plan zu entwerfen Brocker fertigte daraufhin eine neue Skizze an, die seine Billigung fand. Dann erhielt er den Auftrag die Werkpläne auszuarbeiten Mittlerweile schritt die Geldentwertung immer mehr voran. Dazu kam noch, dass die Bearbeitung der Pläne eine ziemliche Zeit in Anspruch nahm. Dieselben wurden mittlerweile von seinen Mitarbeitern angefertigt. So kamen wesentliche Änderungen hinein Nach Fertigstellung derselben wurde eine neue Besprechung im Verwaltungsgebäude der Rh.A.G. in Köln anberaumt. An derselben nahmen teil: Herr Dr. Silverberg, Dir, Fricke, Dir., Maste, als Kunstberater, Herr Prof. Dr. Witte vom Schnütgenmuseum in Köln und der Pfarrrektor. Herr Brocker war verhindert. Außerdem war Herr Pfarrer Herren von Liblar anwesend, der auch wegen des Neubaues einer Kirche in Donatusdorf gekommen war. Die Pläne im Stile eines ausgesprochen italienischen Barocks welche sehr von der ursprünglichen Skizze abwichen, gefielen Herrn Dr. Silverberg nicht, zumal sie auch nicht die Billigung von Prof. Dr. Witte fanden. Da nun in den letzten Wochen die Geldentwertung auch so rapide gestiegen war, glaubte man überhaupt den Bau in diesem Umfang nicht mehr ausführen zu können. Herr Dr. Silverberg wünschte unter diesen Verhältnissen eine wesentliche Vereinfachung ohne Turm einem einfachen Bau mit Pultdach. Der Baumeister Brocker sollte daraufhin einen neuen Plan machen. Nach längeren Verhandlungen sagte Dr. Silverberg für Liblar Million Mark, für Fortuna 1 Million Mark als Bauhilfe zu. Eine große Summe, mit der man viel anfangen zu können glaubte, aber bald sollte sich die Enttäuschung zeigen. Es entstanden nun große Schwierigkeiten. Brocker war ungehalten über die Verwerfung seines Planes und verlangte sein Honorar. Für den großen Plan und wegen der Geldentwertung bat er um sofortige Erledigung. Der Pfarrer von Oberaussem, der das Geld der Diözesankollekte noch verwaltete lehnte eine Zahlung ab. So wurde das Geld immer weniger wert. Auch zum Kauf von Ziegelsteinen aus Zieverich kam es nicht mehr. Der Kirchenvorstand überwies das Geld
an das Generalvikariat und dieses an den, in der Zwischenzeit im Vereinsregister eingetragenen, Kirchenbauverein. Es entstanden nun Differenzen zwischen dem Baumeister Brocker und der Rh.A.G, die die Rechnung für zu hoch hielt. Wer sollte nun dieselbe begleichen. Es führte nach einigen Gesprächen zur Einigung. Die Hälfte bezahlte die Rh.A. G die andere Hälfte der Kirchenbauverein. Zum Abschluß erklärte Herr Dr. Fricke, dass unter den gegebenen Verhältnissen an den Bau einer Kirche nicht zu denken sei. Sollte so alles zerschlagen sein? Der Rektor erklärte, dass unter diesen Verhältnissen das Kloster Bethlehem, das überhaupt keine Verpflichtungen gegen Fortuna und seine Bewohner habe, und das nun Exerzitienhaus werden sollte seine Kapelle für die öffentlichen Gottesdienste schließen würde Diese angedrohte Maßnahme trieb nun die Sache auf die Spitze. Schließlich erklärte sich Dr. Fricke bereit, eine Notkirche zu bauen Es wurde endlich auf mehrmaliges Drängen hin die Sache in Angriff genommen und zu diesem Zwecke eine Besprechung in den Büro räumen der Grube Fortuna anberaumt. Es nahmen teil Dir. Fricke, Dir. Bornemann, Obering. Ermert, Architekt Wilhelm Paustenbach, mehrere Mitglieder des Kirchenvorstandes und der Rektor. Es wurde folgendes in der Sitzung am 4. Dezember 1922 vereinbart: es soll eine Notkirche errichtet werden und zwar nicht an dem ursprünglich beabsichtigtem Platz in der Siedlung, sondern an der Halde. Die Kirche solte später der evangelischen Gemeinde zufallen, während
für die katholische Gemeinde auf dem festen Kirchplatz eine feste Kirche gebaut werden sollte. Der Bau sollte 20 Meter lang und 12 Meter breit werden. Daran schloß sich der Chor in der Länge von 6 Meter mit 2 seitlichen Sakristeien an. Das Fundament wird in Beton ausgeführt, die Mauern bis zu 5 Meter in einer Dicke von einem Stein, von da an in Fachwerk. Die Mauern werden innen und Außen verputzt, das Fachwerk gestrichen, die Innendecken aus Rabitz verfertigt, das Dach mit Ziegeln gedeckt, die Sakristei erhält eine Unterkellerung , in der eine Heizung vorgesehen ist, die Fenstern in einfachem Glas, die Chorfenster in Buntverglasung. Der Fußboden des Chores soll hoher liegen als die eigentliche Kirche.
Die Ausführung war in folgender Weise vorgesehen: die Zeichnung wird von Herrn Paustenbach angefertigt und der Bau auch von ihm geleitet. Die Leute von Fortuna sollen die Ausschachtungsarbeiten unentgeltlich leisten.
Holz war von der Grube Grefrath und Sybilla gestiftet worden. Der Pfarrrektor sollte ein Gesuch an die einzelnen Firmen richten, die auf der Grube Fortuna beschäftigt sind, um eine Mithilfe für den Kirchbau. Dieses Gesuch wurde von der Rh.A.G. befürwortet und weitergeleitet. Als Firmen kamen in Frage: Dykerhoff- Wittmann und Korintenberg für Betonarbeiten, Marx und Schützdeller für Maurerarbeiten, für Zimmerarbeiten Schröder in Quadrath, Dachdecker Brings in Bedburg, Zinnarbeiten Litthoff und die Bauherrschaft hat die Rh.A.G. Dieser Plan der Notkirche war sehr dürftig ausgefallen gegenüber den großen Plänen, die entworfen worden waren. Es hatte sehr viele und große Bedenken, vor allem bezüglich der Platzfrage Es ließ sich aber damals nicht mehr erreichen. Es war eben diese unsichere Inflationszeit, wo niemand eine Berechnung aufstellen konnte und keiner wußte, wie die Zukunft würde. Die Hauptsache war, dass wir zum Bauen kamen, denn eine endgültige Entscheidung
konnte es nicht sein.Es hieß jetzt handeln. Diese Berechnung hat sich in der Zukunft als richtig erwiesen.
Um eine Tatsache zu schaffen, wurde eine Spatenstichfeier veranstaltet. Es war am 15. September 1922, als man sich mit der
Betriebsleitung der Grube nachmittags um 4 Uhr, im strömenden Regen am Bauplatz einfand, um den ersten Spatenstich zu tun.
Von der Geistlichkeit der Umgebung war Herr Pfarrer Gaspers aus Angelsdorf erschienen. Nach einer Ansprache des Rektors, auf der Treppe der noch im Bau begriffenen neuen Schule, wurde der erste Spatenstich amerikanisch versteigert. Es herrschte eine große Begeisterung trotz des strömenden Regens. Mit 5 Mark wurde geboten, bis die Endsumme von 7800 Mark erreicht war. Der erste Stich fiel dem Schreiner Peter Phiesel zu, der zweite Obering. Ermert, und der dritte dem Pfarr- Rektor. Am anderen Tag sollten die Ausschachtungsarbeiten beginnen, zu denen sich die Leute von Fortuna willig einfanden.
Da traf von der Verwaltung in Köln die Nachricht ein, nicht anzufangen, da der Plan ganz geändert sei und auch die Lage der Kirche eine andere werden sollte.
Wir hatten also den Spatenstich an der falschen Stelle gemacht. Um so vorteilhafter war aber die Verbesserung. So wurden die Pläne endlich fertig gestellt. Auf Veranlassung von Herr Dr. Silverberg und Obering. Ermert, die dahin lenkten, dass kein Notbau, sondern ein eben den Verhältnissen entsprechendes Gotteshaus gebaut werden sollte, wurde der Plan ganz umgemodelt.
Im Laufe des Bauens wurden von Herrn Paustenbach eine Reihe von Verbesserungen und Anderungen angebracht, was man bei näherer Betrachtung der Kirche auch heute noch erkennen kann. Jetzt wurden die Ausschachtungsarbeiten in Angriff genommen, die kostenlos von den Leuten geleistet wurden. Vor allem beteiligten sich die Angestellten sehr zahlreich, der Teil der sozialistischen Arbeiter hielt sich zurück Bei den anderen war die Beteiligung allmählich auch nicht mehr so groß. Das Stampfen des Betons solte auch kostenlos geleistet werden, in der Weise, dass jeder zwei Überstunden leisten sollte. Das Stampfen war aber eine sehr schwere Arbeit für die Leute nach vollendeter Schicht. So blieben immer mehr zurück. Die allgemeine Entschuldigung lautete: ,“Die Rh.A.G. hat Geld genug die kann das alles von selbst machen“. In gewisser Hinsicht war
die Entschuldigung immer doch noch gut; den solche freiwilligen Arbeiten zogen die Sache zu sehr in die Lange und die furchtbare Entwertung machte alles viel zu teuer. Es war ja im Grunde nicht neu, dass die Leute von Fortuna weniger Interesse als anderswo in einem Dorfe an einem Kirchbau hatten. Es fehlte eben in Fortuna an einer Dorfgemeinschaft, wo jeder an seiner Kirche das größte Interesse hat, und die Kirche als die seinige betrachtet. Die Leute von Fortuna waren zum größten Teil neu zugezogen, wußten auch nicht wie lange sie hier bleiben. Ein großer Teil war religiös abständig und ging nicht zur Kirche und hielt durch seine Spötteleien die gut gesinnten immer mehr zurück. Es fing schon damals etwas von der Agitation an, die später zu dem unglücklich verlaufenen Streik führte. So schlief die freiwillige Arbeit ganz ein. Die Arbeit wurde nunmehr im Tagelohn von bezahlten Arbeitern ausgeführt. Die Betonarbeiten waren bald fertig und es wuchsen die Mauern aus dem Boden.
Die allgemeine Bauleitung hatte Architekt Paustenbach aus Köln, die örtliche Herr Pörkert, Maurerpolier war Peter Lanzerath. Die Leute waren sehr fleißig. Von der Betriebsleitung von Fortuna förderte die Sache in wesentlicher Weise Herr Oberingenieur Ermert, dem die Gemeinde in dieser Hinsicht sehr viel zu verdanken hat, da er unsere
Wünsche bei der Kölner Verwaltung immer nachdrücklich vertrat. Die Unternehmerfirmen halfen mit. Marx schenkte zwei Waggon Steine und stellte ständig zwei Maurer, Schützdeller von Elsdorf stiftete einen Waggon Kalk, Dyckerhoff einen Waggon Zement. Korintenberg übernahm den Betonbau der Orgelbühne. Der Bau schritt
so schnell voran, dass man die Grundsteinlegung bald festsetzen konnte. Diese wurde auf den 12. November 1922 festgesetzt. Se. Eminenz hatte sich sogar bereit erklärt, selbst der Grundsteinlegung beizuwohnen. Der Kölner Männergesangverein unter der Leitung von Herrn Prof. Schwartz, der uns bereits ein Konzert zum Besten von
Fortuna gegeben hatte, sagte seine Mitwirkung zu und wollte auch noch ein Konzert zur Feier im Saale von Grothaus veranstalten. Das wichtige Ereignis ist in einer Urkunde festgehalten worden. Dieselbe wurde dann mit einigem Notgeld der Stadt Köln und des Staates, wie einer Kirchenzeitung die das Ereignis
beschrieb, in dem Grundstein vermauert. Der Text der Urkunde hat folgenden Wortlaut:
Im Jahre des Heils 1922
Unter dem Pontifikate Pius XI. Als Carl Joseph Schulte Erzbischof von Köln, Werner Leuchter Pfarrer von Oberaussem, Heinrich Meurers Pfarr- Rektor von Fortuna Peter Lux Kaplan daselbst war, unter dem ersten Präsidenten der deutschen Republik, da Carl Sieger Landrat des Kreises Bergheim Erft, Wilhelm Simon Bürgermeister von Bergheim war, zur Zeit der drückenden Wohnungsnot und Kohlennot hervorgerufen durch über schwere Forderungen des ehemaligen Feindbundes nach dem Weltkriege wurde diese Kirche zu Ehren der hl. Barbara, der Patronin der Bergleute in Fortuna durch die Rheinische Aktiengesellschaft für Braunkohlenbergbau und Brikettfabrikation unter Generaldirektion von Dr. jur. Dr. ing. e. h. Paul Silverberg der in hochherziger Weise die Mittel zur Verfügung stellte, erbaut. Dem großen Werke liehen ihre Kräfte die Vorstandsmitglieder der
Rh.A.G.: die Direktoren Fricke und Schreiber, die Betriebsleitung der Grube Fortuna; Direktor Bornemann und Oberingenieur Otto Ermert, Architekt Paustenbach Köln, die auf Fortuna arbeitenden Firmen, der Kirchenbauverein St. Barbara durch seine Sammeltätigkeit und die Bevölkerung durch freiwillige Arbeitsleistungen. Der erste Spatenstich geschah am 15 September 1922 durch Peter Phiesel. Die feierliche Grundsteinlegung nahm Se Eminenz Carl Josef Kardinal Schulte unter Mitwirkung der Geistlichen der Umgebung im Beisein des Direktoriums der Rh. A.G: und der Behörden und in Anwesenheit des Kölner Männergesangvereins vor, der unter Prof. Schwartz die Feier verschönerte. Die Urkunde wurde von den Erschienenen eigenhändig unterzeichnet mit dem Wunsche, dass der Bau unter dem Beistand des Himmels glücklich vollendet werde zur Ehre Gottes, zur Verherrlichung der heiligen Barbara der Patronin der Bergleute, des heiligen Josef, des Schutzherrn der Arbeiter, zum ewigen Heile der die Kirche Besuchenden und zum Segen unseres schwergeprüften deutschen Vaterlandes.
Nach der Verlesung der erfolgten Unterschriften wurde diese in den Grundstein eingemauert.
Fortuna, den 12. November im Jahre des Heils 1922
Feierliche Grundsteinlegung
Es war ein herrlicher Spätsommertag. Große Scharen von Menschen strömten von allen Seiten herbei, angelockt durch die Nachricht vom Erscheinen des Herrn Kardinals, und des Kölner Männergesangvereins. In den letzten Tagen war mit großem Eifer gearbeitet worden, um den Raum innerhalb der Mauern, wie auch außerhalb mit Sand anzuschütten. Noch in der Nacht vorher konnten erst die Arbeiten beendet werden. Der Kirchplatz war mit Girlanden und Flaggen reich ausgestattet. Vor dem Eingang erhob sich ein großer Triumpfbogen. Gegen 15 Uhr traf Seine Eminenz im Kloster Bethlehem im Auto der Rh.A.G., das ihn von Köln abgeholt hatte, ein. Vom Kloster aus zog die Prozession zum Kirchplatz. Der Grundstein wurde von den Maurern getragen. An der Kirche waren folgende hochw. Herren anwesend: Herr Generaldirektor Silverberg, Herr Direktor Fricke, die Direktoren der Grube und des Kraftwerkes, die Vertreter der Unternehmerfirmen, Landrat Sieger, Bürgermeister Simon, Professor Schwartz vom Kölner Männergesang-Verein und eine große Reihe von anderen Ehrengästen; Außerdem die Geistlichen der Nachbarschaft, der Kirchenvorstand von Oberaussem mit Ausnahme von
Pfarrer Leuchter.
Die Feier begann mit der Vorlesung der Urkunde durch den Pfarr-Rektor. Dieselbe wurde von allen Anwesenden, an der Spitze Herrn Generaldirektor Silverberg, unterschrieben und dann in einer Zinnhülse verlötet und in den Grundstein eingefügt. Es folgte dann die feierliche Segnung der Mauern und die Einfügung des Grundsteins.
Hierauf hielt Se. Eminenz von einer provisorischen Kanzel aus, die an Stelle der heutigen errichtet war, eine zu Herzen gehende Ansprache. Er dankte Herrn Direktor Silverberg für die Errichtung der Kirche was jetzt in der Zeit der großen Not eine Seltenheit geworden sei. Dann wandte er sich an die Gemeinde und hob das Glück und die Wichtigkeit der Religion hervor, die in der Errichtung eines neuen Gotteshauses ihren Mittelpunkt finde. Zum Schluß spendete er seinen bischöflicher Segen. Nach der Ansprache vollzog Se. Eminenz die drei Hammerschläge mit den Worten:
„Ad majorem Dei gloriam, inobsequium Christi in honorem St. Barbarae.“
(Zur größeren Ehre Gottes „im Gehorsam gegenüber Christus“, zur Ehre der Heiligen Barbara.)
Im Augenblick der Hammerschläge setzte der Kölner Männergesangverein mit dem , O bone Jesu“ ein, das dem weihevollen Augenblick entsprechend in bekannter Meisterschaft der Kölner vorgetragen wurde und den Höhepunkt derganzen Feier bedeutete. Dann vollzog Dr. Silverberg und die übrigen Herren die üblichen drei Hammerschläge; Danach die übrigen Gläubigen. Seine Eminenz durchschritt dann segnend die noch Tausend zählende Menge und fuhr segnend mit dem Herr Generaldirektor Dr., Silverberg und Herrn Dechant Benger zum Kloster Bethlehem, wo ein kleiner Imbiss stattfand. Vorher ging er noch zu den Schwestern und dankte ihnen für ihre treue Hilfe, die sie Fortuna stets geleistet hatten. Er schenkte dem Pfarr-Rektor noch einen Scheck der deutschen Bank, lautend über 100 000 Mark, zur freien Verfügung.
Mittlerweile strömte die Menge nach dem Saale von Grothaus zum Konzert der Kölner. Der Saal war im Augenblick gefüllt, ein großer Teil mußte sogar umkehren. Das Gedränge war so schlimm, dass es nicht möglich war, Se. Eminenzı und Herm Dr. Silverberg einen Zutritt zum Saale zu verschaffen. Diese kehrten dann sogleich nach Köln
zurück. Nach dem Konzert kehrten die Sanger im Kloster Bethlehem ein, wo bei einem Abendessen eine recht gemütliche Nachfeier stattfand, in deren Verlauf der Chor eine Reihe seiner schönsten Lieder vortrug. Leider war die schöne Zeit zu schnell vorüber, bis das Auto die Herren nach Köln zurück brachte. So war das Fest der Grundsteinlegung in der schönsten Weise verlaufen als ein gutes Vorzeichen des weiteren Bauens unserer Kirche.
Der Bau schritt nun ziemlich schnell voran. Die Mauern wuchsen aus dem Boden. Das Wetter war uns damals sehr günstig; nur zeitweise trat ein nicht zu starker Frost auf, so daß die Maurerarbeiten einige Male unterbrochen wurden. Zu Weihnachten war man so weit, dass die Binder gezimmert und mit einem Kran hochgezogen werden konnten. In der Weihnachtsnacht stand auf dem Chor eine große Tanne mit elektrischem Licht. Bald konnte man mit der Verschalung des Daches und dem Decken beginnen.
Statt der anfangs vorgesehenen Ziegeln wurden Bieberschwänze verwandt, die sich allerdings als unpraktisch erweisen sollten, da das Dach zu schwer wurde und durch den Sturm viel zu leiden hatte. Die Dachdeckerarbeiten hatte Brings aus Bedburg übernommen. Man fing jetzt schon mit dem Innenputz an, den die Firma Faßbender aus Köln ausführte. Der Chor erhielt ein Rabitzgewölbe statt der anfangs vorgesehenen schrägen Decke. An beiden Seiten wurde ein breiter Fries gezogen, der von Kapitälen unterbrochen war. Im Innern der Kirche wurden über den Fenstern im Schiff Bogen gezogen, die sich auf Kapitäle stützten, die auf den Pfeilern aufgesetzt wurden. Die Orgelbühne erhielt auch eine reiche Ausstattung in Stuck mit zwei Bogen an der Seite. Als Abschluß des Daches wurde vorn über der Giebelwand ein Dachreiter in gefälliger Barockform aufgesetzt, während an dem anderen Ende über dem Chor ein schmiedeeisernes Kreuz , das in der Schlosserei der Fabrik angefertigt wurde, den Abschluß bildete. Die Anbringung und Verankerung derselben in der Giebelmauer war mit Schwierigkeiten verbunden. In den Turm brachte man eine Uhr an mit einem doppelten Zifferblatt, die aus Gotha bezogen wurde. Ein Bild der damals fortschreitenden Geldentwertung gibt der Umstand, dass die Verpackung mit Transport des Uhrwerkes, daß einige Zeit vorher schon gekauft wurde, dreimal so teuer als das Uhrwerk selbst war, An den beiden Portalen errichtete man zu Abhaltung der Zugluft zwei Windfänger, zu beiden Seiten des Haupteinganges je eine große Nische in der der Taufstein und ein kleines Devotionalienaltärchen Aufnahme finden sollten. An den Seiten des Kirchenschiffes wurden Heizungskanäle angelegt Ein Kessel schenkte die Firma Faust und Dingelheidt. Die Installation der Lichtanlagen besorgte die Firma Siemens und Schuckert aus Berlin. Die Verglasung der Fenster führte die Firma Sürth von Köln aus. Es wurde Kathedralglas genommen, das durch auftragen von Farben abgetönt wurde. Leider zeigte sich später, dass die Farben unter dem Einfluß des Temperaturwechsels nicht hielt. Der Fußboden, der anfangs in Asphalt angelegt werden solte, erhielt eine Verbesserung durch einen Plattenbelag. Auf dem Chor und an der Kommunionbank wurden Platten mit farbigen Mustern genommen. In der Messdienersakristei wurden zwei Klosetts eingebaut. Während die Hauptarbeiten im Innern rüstig voranschritten, gar vielleicht zu sehr beschleunigt wurden, begann man mit dem Außenputz. Derselbe wurde zum größten Teil von dem Baugeschäft Schmitz in Bergheim sehr gut und bilig ausgeführt. Die Pfeiler und Kapitäle wurden in Steinputz, die Flächen in Zement gehalten. Damals gingen die Arbeiten sehr langsam voran, da häufig infolge der Inflation Lohndifferenzen entstanden. Dazu kam noch, dass damals eine sehr große Hitze herrschte und der Zement sich infolgedessen sehr schlecht verarbeiten ließ, (Mai 1923). Die ganze Arbeit wurde sehr sauber durchgeführt. Vor allem ist die Gliederung der Fassade in der Umrahmung der Portale gut gelungen. Das Drückende des Baues, dass durch die Breite und das lange Dach, vor allem durch die tiefe Lage hervorgerufen war, wurde dadurch wesentlich gehoben. So war der Rohbau im großen und ganzen fertig geworden. Jetzt kam die Inneneinrichtung an die Reihe. Vorher sind noch zwei wichtige Ereignisse zu erwähnen.
Am 10. Juni 1923 fand die Weihe unserer beiden Glocken statt. Die eine stammt aus der Grube Fortuna. Sie hat in der dortigen Kapelle gehangen und lange Jahre hindurch die Bergleute zum Gebet gerufen, als es noch Sitte war, vor der Einfahrt zur Grube ein stilles Gebet zu verrichten. Der alte Brauch ist den meisten heute überhaupt nicht mehr bekannt. Aus diesem, wie auch aus historischen Gründen wurde sie in die neue Kirche aufgenommen. Die zweite stammt von der Grube Klarenberg und hat dort demselben Zwecke gedient. Während die Fortunaglocke überhaupt kein Abzeichen oder eine Jahreszahl enthält, trägt die Klaraglocke folgende Inschrift:
Anno Domini MDCXII (1612) Zu Gottes Ehr Du lch schreyen St. Clara Wart Ich geweyen: +
Es war eine kleine schlichte Feier am Sonntag- Nachmittag. Vom Kloster Bethlehem zog die Prozession zur neuen Kirche. Nach einer Ansprache, in der die Bedeutung der Glocke erläutert wurde, erfolgte die Weihe unter der Assistenz der Geistlichen der Nachbarschaft. Die Feier wurde durch einige Lieder des Kirchenchores und des Chores vom Kloster Bethlehem verschönt. Es fand darauf der übliche Anschlag der Glocken statt. Die Kollekte hatte der Ertrag von 180 000 Mark, Es waren zu der Feier sehr viele Auswärtige erschienen. Überhaupt kamen sehr viele Leute aus der Umgebung an Sonntagen, um sich von der Weiterschreitung des Baues und seiner Innengestaltung zu überzeugen.
Am 1. Juli 1923 fand in dem Raum der neuen Kirche das Sängerfest des Erftsängerbundes statt. Dem hiesigen Arbeiterverein war die Aufgabe zugefallen, die Bruder-Vereine des Kreises zum großen Kreissängerfest aufzunehmen und für einen passenden Saal zu sorgen. Da ein solcher nicht ausreichte, war beabsichtigt worden auf dem Kirchplatz neben der Kirche ein großes Zelt aufzuschlagen. Aber die Mittel fehlten. So trat der Verein an uns heran, daß Singen in der Kirche abzuhalten. Damals war der Bau so weit vorgeschritten dass es möglich wurde. Da es die einzigste Möglichkeit war, das Fest auf diese Weise abzuhalten, wurde die Kirche zu diesem Zweck zur Verfügung gestellt. Für diese Veranstaltung bot die Kirche den denkbar schönsten Raum, vor allem für die großen Chöre. Bei dieser Gelegenheit zeigte sich , dass etwas Überakustik herrschte. Auch
dieser Tag führte Unzählige aus dem ganzen Kreis nach Fortuna, die sich bei dieser Gelegenheit von dem Fortschritt unseres Kirchbaues überzeugen konnten. Die Mitglieder der Jungfrauen-Kongregation hielten zum Besten der Kirche einen Blumentag ab.
Es war noch eine große Aufgabe zu lösen die Innenausstattung der Kirche, zu der nach Kräften beizusteuern sich die Gemeinde verpflichtet hatte. Zwölf Kinderbänke und achundzwanzig für Erwachsene lieferte im Auftrag der Rh.A.C die Firma Haag in Köln. Dieselbe führte auch Kanzel und Kommunionbank in guter Verarbeitung aus Eichenholz aus. Die Zwischenfelder die aus Eisengitter bestehen, wurden in der Werkstätte der Grube angefertigt außerdem das große Abschlußgitter am Chor. Das Muster wurde einem Barockgitter entlehnt, daß sich im Kunstgewerbemuseum in Köln befindet. Der Sockel des Altares sollte anfangs in Zement ausgeführt werden, man ging aber davon ab und legte denselben in französischen Sandstein an. Die Altarplatte stiftete Pfarrer Wessel aus Frauwüllesheim, der früher Rektor in Bergheim war und an der Entwicklung der Nachbargemeinde reges Interesse hatte. Es ist eine schwarze Mormorplatte, die an den Seiten noch erweitert wurde, da sie zu klein war. Der Tabernakel wurde von der Gemeinde angeschafft und in der Altarplatte verankert, und außerdem an drei Seiten in Zement gesetzt Die Innenausstattung des Tabernakels in weißer Seide mit wertvollen Stickereien an der Rückseite und an den Vorhängen, ebenso die Ausstattung des Expositoriums wurde von der Kunststickerei Zengel in Köln ausgeführt und von der Familie Ermert gestiftet. Den Altaraufsatz fertigte die Firma Haag in Köln an. Herr Dr. Silverberg stiftete für den Altaraufsatz zwei künstlerich wertvolle Barockfiguren, Maria und Johannes. Dieselben kaufte in seinem Auftrage das Antiquitätengeschäft Geissendörfen in Köln, Untersachsenhausen, aus dem Nachlaß eines tscheschischen Grafen, der am Bodensee eine Villa bewohnte und dessen Erben wieder in die Tschechoslowakei zurückwanderten. Beide zeigen am Fuße die Schlange mit dem Apfel, was man sehr selten findet. Besonders wertvoll soll die Muttergottesfigur sein mit ihrer feinen Linienführung in der Gewandung. Die Figuren wurden in Gold polychromiert. Dazwischen wurde ein Kreuz aus Holz angefertigt.
Um Mittel für die weiteren Anschaffungen zu erhalten, nahm der Kirchenbauverein bei der Kreissparkasse in Bergheim eine Anleihe von 15 Millionen Mark auf. Nach dem Stand der damaligen Währung eine große Summe. Dieselbe mußte in einem halben Jahr zurückgezahlt werden. Die Zinsen für den Rest ließ man direkt auf der Sparkasse stehen. Es galt nun schnell zu Kaufen, da die Valuta immer mehr sank. Zum Teil wurden für das Geld amerikanische Dollars beschafft. Ein Teil wurde zum Kauf von Kohlen verwandt, um damit zu bezahlen und das Geld vor der Entwertung zu behüten. Bei den Schwestern von der Ewigen Anbetung in Kreitz bei Neuss kauften wir Spitzen für Altäre, Kanzel und Kommunionbank in zwei Garnituren, außerdem Stolen, ein weißes Messgewand für hohe Feiertage, ein violettes und ein Teil einer Traghimmelausstattung außerdem Leinen, Tüll usw. Die Schwestern wurden mit Kohlen und Brikett bezahlt, die damals sehr begehrt waren. Auch wir blieben von Missgeschick nicht bewahrt. Zwei Waggon Kohlen und Brikett wurden teilweise auf dem Bahnhof von Rommerskirchen von Franzosen beschlagnahmt. Es gelang in Bedburg noch einen Waggon in der letzten Stunde vor der Beschlagnahmung zu retten. Die Schwestern ließen durch Fuhrwerke die Kohlen abfahren, da es keine andere Möglichkeit gab. Unterwegs wurden die Fuhrleute gezwungen, die Wagen abzuladen. Das zur Kennzeichnung der damaligen beklagenswerten Verhältnissen der Besatzung.
Das Geld fiel von Tag zu Tag. Die Preise stiegen immer mehr. Es galt deshalb, alles Greifbare zu kaufen. So erwarben wir mehrere hundert Meter Leinen mit denen wir später wieder andere Sachen bezahlten. Es wurden bei der Firma Wefers in Köln mehrere Kaseln gekauft für den Werktag, ein Chormantel, ein Velum, Stoff für einen violetten Chormantel usw. Außerdem erhielten wir viel geschenkt, so unter anderem mehrere Alben. Herr Dr. Hölker aus Köln schenkte uns eine Garnitur Altarspitzen, Pallen, Korporalien und Kelchtücher. Herr Rektor Kley aus Frauweiler stiftete Altarwäsche, Herr Pfarrer Werr aus Glesch stiftete zwei Werktagsgewänder, Herr Pfarrer Ermert aus Rheinbreitbach ein altes weißes Messgewand aus dem Jahre 1812. Auch das Mutterhaus aus Essen stiftete ein Werktagsmessgewand. Ein Kupferschmied aus Niederembt stiftete eine prachtvolle, kupfergetriebene Ewiglichtlampe (1958 entfernt) und ein Vortragekreuz. Eine Kölner Familie schenkte durch Vermittlung von Herrn Wilhelm Paustenbach eine wertvolle zinnerne Lampe.
Ein Ruhmesblatt wird aber die Beschaffung der goldenen Gefaße für die Gemeinde bleiben. In der damaligen Papierinflation war es
natürlich unmöglich die notwendigen Gefäße zu beschaffen. Man hatte deshalb schon früh mit der Sammlung von Silber- und Goldmünzen angefangen. Zehn und Zwanzigmarkstücke waren eine Seltenheit geworden, aber es gelang uns doch noch eine Reihe
derselben aufzustöbern. Um diese Sammlung hat sich besonders Fräulein Berrendorf Verdienste erworben, die auf den Nachbardörfern sammeln ging und so einen großen Teil zusammen brachte. Auf diese Weise gelang es zunächst eine große Monstranz zu beschaffen. Dieselbe wurde von Herr Prof. Riegel entworfen und im Auftrage des Instituts für religiöse Kunst angefertigt. Sie zeigt modernisierte Barockformen und gilt als ein wertvolles Kunstwerk. Der Diamant auf dem Lunular stammt aus einer Brosche, die uns Fräulein Kockerole aus Bethlehem schenkte. Auch wurden zwei Ciborien und zwei Messkelche von Herrn Prof. Riegel angefertigt. Außerdem wurde eine einfache Barock Strahlenmonstranz von Herrn Rektor Höveler in Köln geschenkt. So wurde die Kirche für die damaligen Verhältnisse reichlich mit den notwendigen Goldsachen ausgestattet.
Auch die übrigen Ausstattungsgegenstände und Möbeln der Kirche sind bemerkenswert. Die beiden Altarfiguren sind bereits angedeutet worden. Sehr wertvoll ist vor allem der Beichtstuhl, der die Jahreszahl 1640 in der Mitte trägt. Derselbe befand sich in einer alten Kapelle in Badorf bei Brühl. Dort hat er auch nicht immer gestanden, sondern ist früher von Brenig im Vorgebirge dorthin gebracht worden. Näheres war über den Ursprung desselben nicht zu ermitteln. Der damalige Pfarrer von Badorf wollte die Kapelle in ein Jugendheim umwandeln. Da der Beichtstuhl dort hinderlich war, wurde er abgebrochen und dabei von unkundigen Arbeitern stark beschädigt. Diesem Umstand ist es auch zu verdanken dass er in unseren Besitz kam, da man seinen Wert gar nicht kannte. Er wurde damals für 200,00 Mark erworben. Es hat viel Mühe gekostet, denselben wieder instand zu setzen. Er war furchtbar verwurmt und teilweise stark beschädigt. Vor allem sind die schnitzten Engelsköpfe sehr wertvoll. Der obere ist der Gerichtsengel und zu beiden Seiten die Trauer und Freude darstellen. Sehr wertvoll ist auch die große, feine Muschel im Innern desselben. Das wertvolle Möbelstück wurde fachgemäß mit vieler Mühe im Auftrage von Herrn Silverberg wieder hergestellt und erregte heute die Bewunderung und Wertschätzung vieler. Aus derselben Kapelle stammt auch der Muttergottesaltar, der aus demselben Zwecke entfernt werden mußte und auch bei dem Abbruch gelitten hat. Sein Alter läßt sich nicht genau bestimmen. (Sicher 17. Jahrh. wahrscheinlich um 1680) Am meisten Aufschluß gibt das Altarbild in dem oberen Teile. Es stellt Gott Vater dar, darunter an der einen Seite den hl. Benedikt, an der anderen Seite den hl. Pantaleon. Die Pfarre Badorf wurde namlich von Mönchen von St. Pantaleon pastoriert, denen auch das Hofgut gehörte, welches im Besitze von Herrn Decker ist. Der Pfarrer von Badorf war Benediktiner und wohnte in einem Haus neben dem Hof. Die heutige Pastorat liegt mitten in einem Weiher. Die Bewohner von St. Pantalon waren Benediktiner. Der Altar laßt mit Sicherheit darauf schließen, dass er aus der damaligen Zeit stammt, da nachgewiesen ist, dass die Benediktiner die Kirche ihres Ordens mit Möbelstücken ausstatteten. Der Altar ist eine sehr schöne Arbeit, die vor allem durch die Geschlossenheit der Form und durch die Proportion des Aufbaues ausgezeichnet ist. Es fehlte darin die Mittelfigur. Früher stand darin eine Anna- Selbdritt, die aber damals nach der neuen Pfarrkirche von Badorf übernommen wurde und in einen modernen gotischen Altar hinein gesetzt wurde. Es galt deshalb eine neue Figur zu erhalten; auch hier müssen wir sagen, dass wir großes Glück hatten. Damals war die Versorgung mit Kohlen in den Städten sehr schwierig. Die Museen fingen an, wegen der unerschwinglichen Verwaltungskosten Doppelstücke von Figuren zu veräußern. Gegen Lieferung von Brand wurde uns aus dem Schnütgen-Museum eine Barockfigur der „Unbefleckten Empfangnis“ überlassen. Dieselbe paßte vorzüglich in unseren Altar hinein An den Farben wurde nichts geändert, nur das Gold etwas aufgefrischt Jedenfalls war sie eine wertvolle Bereicherung für unsere Kirche. Zum Schluß sind noch die beiden Figuren in den Nischen zu beiden Seiten des Hauptportals zu nennen. Sie stammen nebst der Gott-Vater Figur auf der Kanzel aus der Pfarrkirche von Rheinbreitbach. Es ist die hl. Barbara, die Pfarrpatronin der Pfarrkirche und der hl. Josef, der Patron der Arbeiter. Sie haben früher dort am Hauptaltar gestanden, wurden aber wegen ihrer Große entfernt und mußten dem damals herrschenden gotischen Stiel weichen. Sie sind wahrscheinlich Teile des Hauptaltares der Kirche gewesen. Mit der größten Wahrscheinlichkeit stammen sie aus dem Kloster Heisterbach, das die umliegenden Pfarren pastorisierte und die Kirchen mit den notwendigen Ausstattungsgegenständen versorgte. So erzählen noch heute die Leute von Rheinbreitbach. Die Figuren standen ganz beschmutzt und verwahrlost im Stall des Pfarrhauses. lhren Wert kannte niemand, auch nicht den der Gott- Vaterfigur, die sich durch die feine Zeichnung des Kopfes auszeichnete.
Damals kam gerade ein neuer Pfarrer dorthin, der Bruder des hiesigen Oberingenieurs Otto Ermert. Da sich die Kirche in einem verwahrlosten Zustand befand und die Mittel zur Renovierung gänzlich fehlten, so war der Pfarrer geneigt, einmal aus Interesse für unsere Kirche, dann auch zur Beschaffung der notwendigen Geldmittel uns die Figuren zu überlassen die für unsere Nischen wie geschaffen waren. Wir entschädigten Ihn durch Leinen, dessen er bedurfte, was wir in der Inflation weit über unseren Bedarf eingekauft hatten. Die beiden Figuren wurden dann nach hier geschafft und in einen Farbton gesetzt. Nachträglich hat der Provinzialkonservator, dem die Kirche von Rheinbreitbach unterstand, Einspruch erhoben, der aber bei uns unwirklich blieb, ein Zeichen, welch wertvolle Erwerbung wir gemacht hatten. Vor allem sei bei der Barbara-Figur die wundervolle Lienienführung der Gewandung hervorgehoben, bei dem hl. Josef das Kind und die fein durchgearbeiteten Hände. Die Cott- Vater- Figur fand auf der Kanzel ihre Aufstellung. (Seit 1958 auf dem alten Beichtstuhl.) Das fein geschnittene Profil des Kopfes ist besonders auffallend. Wir haben jeden falls bei der Beschaffung der Innenausstattung ein ganz seltenes Glück gehabt und sehr wertvolle Stücke erworben. Herr Dr. Silverberg, der selbst Sammler ist und eine Reihe wertvoller kirchlicher Kunstgegenstände besitzt, war darüber hoch erfreut. Er schenkte uns daraufhin als persönliche Gabe ein wertvolles Altarkreuz, eine Kalvariengruppe aus seiner eigenen Sammlung. Es ist eine süddeutsche Barockarbeit, wahrscheinlich aus der Oberammergauer Schule, etwa um 1750, Hier findet man dieselben feinen geschwungenen Linien in der Haltung und Gewandung im kleinen wie bei den großen Altarfiguren. Noch weitere Gegenstände aus einer alten Kapelle in Muffendorf bei Godesberg zu erwerben, gelang uns leider nicht mehr, da der Konservator durch seinen Einspruch den Kauf verhinderte. So sind wir bis heute noch ohne einen Nebenaltar, der zu den bisherigen Gegenständen einigermaßen paßte. Vielleicht gelingt es uns noch einmal später, ein derartiges, altes Stück zu erwerben. Es fehlte noch eine Orgel. In der Inflation hatten wir sogar zwei gekauft. Die erste stammte aus Hamm bei Neuss. Sie erwies sich als zu klein und wurde später nach Krählingen in der Eifel verkauft. Wir hatten Gelegenheit, eine größere in Ehrenfeld zu kaufen die in der alten Kapelle an der St. Josefskirche stand. Es fehlte eine ganze Reihe von Pfeifen. Orgelbauer Köpp aus Grevenbroich hat sie ergänzt und die ganze Orgel wieder instandgesetzt, so daß sie ihren Zweck ziemlich gut erfüllt. Die Beschaffung einer neuen Orgel ist immer unsere Sehnsucht geblieben. Zum Schluß wäre noch die Lichtanlage zu erwähnen. Die allgemeine Elektrizitätsgesellschaft aus Köln stiftete die Chorbeleuchtung. lm Schiff wurden zwei Reihen großer Lampen aufgehängt und an den Wänden noch Armleuchter angebracht, die eine reichliche Beleuchtung schafften. ( 1958 wurden die acht großen Chorleuchten durch 10 neue ersetzt, die Armleuchter wurden entfernt). Die Grube lieferte für die Kirche freies Licht. Außerdem stiftete die Rh.A.G. Gummiläufer für den Altar, den Chor und den ganzen Streifen hinter der Kommunionbank und vor den Seitenaltären. Später gelang es uns, aus der Jahrtausendausstellung in Köln 100 Meter Läufer in derselben grünen Farbe zu kaufen, mit denen wir die Flure an Festtagen belegen konnten, wodurch die Kirche einen hervorragenden Schmuck erhielt.
So war das große Werk soweit zu Ende geführt, dass wir den Termin der Konsekration festsetzen konnten. Da aber nach der Vorschrift des kirchlichen Rechtsbuches die Kirche vorher im Besitz der Kirchengemeinde sein mußte, sollte noch der notarielle Schenkungsakt vollzogen werden. Leider ließ sich dieses nicht mehr ermöglichen da sich im letzten Augenblick herausstellte, dass der Platz noch nicht vermessen, sondern im Grundbuch nur aufgelassen war. Als vorläufigen Ersatz sandte die Direktion ein Schreiben, in dem sie sich verpflichtete, dass sie der Kirche mit dem Platz in der Größe von 3/4 Morgen ohne jede Auflage der Kirchengemeinde Fortuna schenken werde. In der Woche nachher, als die Unterlagen vorhanden waren, wurde der Schenkungsakt beim Herrn Notar Justizialrat Mausbach in Bergheim vollzogen und von Herrn Rechtsanwalt Schambalü, dem Justitiar der Rh.A.G. und dem Pfarrer von Fortuna unterzeichnet. Dadurch erhielt die Pfarrgemeinde Fortuna ihren bisher einzigen Besitz.
Dankschreiben des Erzbischof von Köln an Herrn Architekt Wilhelm Paustenbach vom 27. September 1923
Sehr geehrter Herr Paustenbach!
Die bevorstehende Konsekration der Kirche in Fortuna macht es mir zur angenehmen Pflicht, lhnen recht angelegentlich für die außerordentlichen Verdienste zu danken, die Sie sich um die Entstehung dieses Gotteshauses erworben haben.
Es ist freudig zu begrüßen, dass gerade die Bevölkerung von Fortuna aus Ihrer schöpferischen Hand eine Kirche erhalten hat, die durch ihre schöne Gestaltung in Bau und Einrichtung so recht geeignet ist, den Menschen von der schweren Arbeit des Alltags in die hohere übernatürliche Welt hinauf zuweisen. Es erhöht meine Dankbarkeit, dass sich auf lhre Veranlassung hin so manche Stellen bereit gefunden haben, dieses Werk zu unterstützen und zu fördern.
Euer Hochwohlgeboren kann ich deshalb von ganzem Herzen meinen Dank aussprechen für die wertvolle kűnstlerische Arbeit, die in diesem Werk zur Ehre Gottes ihren Ausdruck gefunden hat, wie auch für lIhre unerműdliche Bereitwiligkeit, andere für diese große und heilige Aufgabe zu gewinnen. Möge der Segen, der von diesem neuen Gotteshause ausgehen wird, auch lhnen eine lebhafte Genugtuung gewähren.
Mit ausgezeichneter Hochachtung bin ich Ihr sehr ergebener
Cardinal Schulte Erzbischof von Köln