Die alte Kastanie zu Oberaußem, hoch gelegen auf den Ausläufen des Villerückens, trotzt Sie seit Jahrhunderten Wind und Sturm. Vermutlich wurde sie zu Zeiten des Barocks, als Vorbaum zur damaligen alten Oberaußemer Pfarr-Kirche St.Vincentius gepflanzt und thront weiterhin an Ihrem Platz am Tonnenberg über den Dächer von Alt-Oberaußem.
Man kann Ihr Alter nur schätzen, man spricht von bis zu 400 Jahren. Die Kirche vor die sie wohl mal gepflanzt wurde, existiert schon seit 1884 nicht mehr. Alte Oberaußemer berichten, dass Sie schon so groß und majestätisch dar stand, als diese noch Kinder waren und selbst deren Eltern, kannten die Kastanie schon als beeindruckenden Riesen, der heute mit 18 Meter Kronendurchmesser und über 4 Metern Stammumfang wohl auch eine eine der größten Kastanie Nordeuropas sein dürfte.
Die alte Kirche wurde im Laufe der Jahrhunderte durch den heutigen Oberaußemer Friedhof ersetzt. Die Kastanie steht an dessen West-Eingangstor, an einem abschüssigen Hang. In den 1930er Jahren wurde der Riese mit einer Stützmauer umgeben, damit das Erdreich um die Baumwurzeln nicht weg gespült werden und ein sicherer Stand des Baumes gewährleistet werden kann.
Der Baum bietet ein herrliche Aussicht über Oberaußem, die auch später Günter Grass so beeindruckte, dass er die Aussicht vom Plateau der Kastanie auf das Kraftwerk Fortuna Nord in seinem Nobelpreisgekröntem Buch „Die Blechtrommel“ beschrieb – „Welch eine Aussicht!“. Da Günter Grass die Kastanie und Oberaußem in die Weltliteratur gebracht hat, wird zu dessen Ehren der Baum seit einigen Jahren als „Grass-Kastanie“ bezeichnet. Auch eine Gedenktafel an der Friedhofsmauer neben dem Westeingangstor zum Friedhof erinnert an die Begebenheit.
Welch eine Aussicht!
(Quelle: Die Blechtrommel, Kapitel Fortuna Nord)
Zu unsren Füßen das Braunkohlenrevier des Erftlandes. Die acht gegen den Himmel dampfenden Kamine des Kraftwerkes Fortuna. Das neue, zischende, immer explodierende wollende Kraftwerk Fortuna Nord. Die Mittelgebirge der Schlackenhalden mit Drahtseilbahnen und Kipploren darüber.
Auch, der bisher einzige deutsche Boxweltmeister Max Schmeling, hat schon unter der alten Kastanie den ein oder anderen schönen Sommerabend, mit seinen damaligen Kollegen aus dem Kraftwerksbau Fortuna, in den 1920er Jahren genossen. Und auch heute noch ist der Platz unter der Kastanie bei alten und jüngeren Oberaußemern sehr beliebt, sodass Anfang des 21.ten Jahrhunderts im Jahre 2005 rund um den Baum eine Rundbank mit einer Holzterasse errichtet wurde.
Die Grass-Kastanie ist gemäß Ziffer 32 der alten Schutz VO von 1935 ein eingetragenes Nuturdenkmal.