Quelle:
Heimatblätter 2005/1 vom
Verein der Heimatfreunde von Niederaußem und Auenheim e.V.
Bearbeitet von Norbert Esser

Die Heimatblätter und andere Publikationen sind bei den Heimatfreunden erhältlich

Inhaltsverzeichnis:

Ende November (1944) wurde die militärische Lage immer kritischer. Die Evakuierung war das tägliche Gespräch. Die Flüchtlingszüge aus der Jülicher und Dürener Gegend zogen über die Straßen. Der Kanonendonner der näher rückenden Front scholl herüber. Dazu kamen die immer stärker werdenden Tieffliegerangriffe. Viele ließen sich nach Mitteldeutschland evakuieren. Andere zogen über den Rhein zu Verwandten. Weihnachten stand vor der Tür, was die Stimmung noch mehr drückte. Da setzte im Westen unsere Offensive ein. Dadurch trat hier eine Beruhigung ein. Das hier liegende Militär wurde nach vorne verlegt. So konnten wir in Ruhe die Vorbereitungen für Weihnachten treffen. Eiligst wurde mit dem Bau der Krippe begonnen, die wieder wie früher errichtet wurde. Die Chorproben wurden schnell aufgenommen Bei der Krippenfeier sang der Chor mehrstimmig. In der Christmette die um 5 Uhr begann, sang der Chor eine Choralmesse. Auch der Sakramentenempfang war sehr erfreulich. Am Schluß der Mette kam Voralarm. Beim Verlassen der Kirche setzte Großalarm ein. Es erfolgten schwere Angriffe auf Köln, Düsseldorf und Leverkusen. Fenster und Türen rasselten durch den Luftdruck. Trotzdem blieben ein Teil der Leute noch am Beichtstuhl. In Zülpich wurden große Zerstörungen angerichtet und der Pfarrer im Beichtstuhl und 17 seiner Pfarrkinder unter den Trümmern der Kirche begraben, unter denen sie noch nach einem Jahr liegen. Die Weihnachtstage verliefen sonst ruhig.

Nachfolgend die Namen der Gefallenen des Jahres 1944:

Anton Monreal, Fortuna, Ernst Vetter, Fortuna, Gerhard Schnieders, Bethlehem, Franz Müller, Fortuna, Helmuth Cyprian, Fortuna, Jakob Lurz, früher Fortuna, Leo Hahn, Fortuna, Gustav Schauf, Fortuna, Johann Heister, Fortuna, Franz Kikodem, Fortuna, Hans Heymann, Fortuna.

Die im Westen angesetzte Offensive, deren Ziel der Hafen von Antwerpen war, blieb stecken. Sie hatte nicht den beabsichtigten Erfolg. Im Gegenteil das gewonnene Gelände wurde uns Stück für Stück entrissen. Wir mußten auf die Ausgangsstellen wieder zurück. Im Osten wurde die Offensive der Russen bis zur Oder vorgetragen. Im Westen staute sich die Front an der Rur bei Jülich und Düren. Dort gelang den Amerikanern ein Durchbruch, der für unser Erftland bedrohlich wurde. Der Feind stieß bis Elsdorf und Blatzheim durch. Dadurch war Bergheim unmittelbar bedroht. Von den Tieffliegern wurden die Straßen bombardiert, ebenso die Industrie. Es waren schwere unruhige Tage. Es gab durch die ständigen Angriffe keine Ruhe bei Tag und Nacht. Der Stollen war von etwa 3000 Menschen aufgesucht. Es war kaum zum Aushalten. Der Bergrücken von Bedburg bis Horrem sollte Verteidigungsstellung sein, Bethlehem darin Stützpunkt. Zum Glück wurde daraus nichts. Die Flak ging eiligst bis über den Rhein. Die hohe Parteistelle der O T (Organisation Todt) die auch in Bethlehem stationiert war, verschwand bei Nacht und Nebel, nachdem sie Tag für Tag resp. Nacht Gelage abgehalten hatten. Nur eine kleine Besatzung mußte in Bethlehem bleiben, „zur Verteidigung des Erftriegels“. Die Amerikaner rückten von Elsdorf heran über die Erft. Am 28. Februar 1945 nahmen sie Bergheim und Quadrath ein und rückten am 1. März 1945 in den Bethlehemer Wald vor. Am 2 März, am Herz- Jesu- Freitag kamen sie nach Bethlehem und Fortuna. Dem Einrücken ging am frühen Morgen ein Feuerüberfall voraus, durch das sinnlose Schießen einiger zurückgebliebener Soldaten hervor gerufen. Dadurch kamen die Beschädigungen der Häuser in Fortuna, die sonst vermieden worden wären. Die Kirche erhielt 2 schwere Granateinschläge ins Dach wodurch die Orgel zerstört wurde. Außerdem wurde durch eine deutsche Granate ein Fenster herausgerissen. In Oberaußem wurde die Kirche sehr stark beschädigt, so dass sie anfangs gar nicht, später nur zur Hälfte benutzt werden konnte. Bei Bethlehem wurde bis zuletzt gekämpft. Der Rest, ein Oberleutnant mit 12 Mann, gab sich gefangen. 3 Soldaten wurden noch im Klostergarten begraben Das Kloster hatte stark gelitten, zuerst durch das deutsche Militär, danach durch die Angriffe der Amerikaner. Alle Insassen des Klosters mußten aus dem Haus nach der Kirche von Fortuna, auch die Kranken. Danach wurde das Haus von den Amerikanern besetzt. Von Bethlehem rückten die Amerikaner auf Fortuna zu. Die Bevölkerung von Fortuna und unzählige von auswärts, etwa 3000 Menschen hatten die letzten 4 bis 5 Tage im Stollen zugebracht, viele schon mehrere Wochen. Bei der mangelnden Lüftung war es nicht mehr zum Aushalten.

Gegen 11 Uhr am 2. März 1945 rückten die Amerikaner ein. Die Rückseite der Bahnstraße und der Eingang der Bethlehemerstraße litten besonders unter dem letzten Beschuß. Die Leute mußten alle in die Kirche, während die Häuser nach Waffen durchsucht wurden. Dabei ist sehr vieles verschwunden. Währenddessen rückte die Kampftruppe gegen Oberaußem. Die Kirche wurde dabei sehr beschädigt, da in der Nähe der Kirche eine Artilleriestellung war. Nach Mittag durften die Leute in ihre Häuser, mußten aber um 5 Uhr wieder in der Kirche sein, um die Anordnungen der Amerikaner in Empfang zu nehmen. Danach durften sie nicht mehr in ihre Häuser. Sie mußten in der Kirche und in den 5 Häusern in der Nähe der Kirche oder im Stollen bleiben. Im Pfarrhaus, das unbeschädigt geblieben war, war das gesamte Kloster untergebracht, 29 Personen. Nach 2 Tagen durften die Schwestern zurück ins Kloster. Bethlehem hatte schwer gelitten, einmal durch den Beschuß dann durch Handgranaten bei den letzten Kämpfen. Das Allerheiligste befand sich im Keller wo auch in den letzten Tagen das hl. Opfer gefeiert wurde. Als die Amerikaner das Haus besetzten und die letzten Soldaten sich gefangen gaben, mußten die Schwestern und alle Leute das Haus verlassen. Alles vollzog sich in Ruhe. Herr Kaplan erhielt den Auftrag, für Ordnung zu sorgen. Da kam ein Offizier sehr aufgeregt herein. Man hatte vor dem Kloster 2 Sanitäter der Amerikaner tot aufgefunden. Er behauptete, sie seien von den Zivilisten erschossen worden. Man wollte sich an den Verwundeten rächen, die im letzten Augenblick abtransportiert worden waren. Alle Schwestern und Insassen des Klosters mußten nach Fortuna, obschon noch Beschuss war. Herr Kaplan Korth, der in der Nacht noch 2 Soldaten begraben hatte, wollte das Allerheiligste holen. Er konnte mit einer Schwester einige Hostien aufsammeln als er von Soldaten aus dem Keller geholt wurde und alles zurücklassen mußte. Am darauffolgenden Tag wollte er wieder in den Keller, wurde aber mit vorgehaltenem Revolver hinaus geholt. Später durfte er den Keller betreten. Der Raum war bis ein Meter Höhe voller Kisten und Gerümpel. An einer Schnur an der Wand hing das Ziborium und die Lunula der Monstranz. Ein Posten winkte ihm, sich die Sachen zu nehmen, während er dabei den Kopf schüttelte. Er schien Katholik zu sein. Man räumte das Gerümpel weg um nach den anderen Goldsachen zu suchen. Auf dem Boden lagen zerstreut Hostien die man einfach ausgeschüttet hatte. Der Kelch und die Monstranz blieben verschwunden. Nach einiger Zeit wurde die Monstranz im Bürgermeisteramt abgegeben. Sie war in einem Haus in Bergheim gefunden worden, das als Wohnung für den Kommandanten hergerichtet wurde. Das Etui war eingedrückt, die Monstranz wies nur ganz unwesentliche Beschädigungen auf. Der Messkelch des früheren Rektors Wirtz, der auch eine Widmung an ihn enthielt blieb verloren. lm Kloster selbst war alles durcheinander, Möbel zerschlagen, Schränke aufgebrochen, zum Teil aus den Fenstern geworfen, so recht ein Bild des Krieges der alles in Mitleidenschaft zieht. Die hohe alte Klostermauer war an mehreren Stellen von Panzern durchstoßen. Ebenso wüst sah es auch in Fortuna aus. Sehr vieles wurde auch von den eigenen „Volksgenossen“ gestohlen. Es gab keinen Unterschied mehr zwischen Mein und Dein. Die Leute machten sich damals aus nichts mehr ein Gewissen.

Hier möchte ich die Chronik unterbrechen und einen Erlebnisbericht der Lehrerin Frl. M. Klostermann einfügen, die zum Zeitpunkt des Einmarsches der Amerikaner im Kloster Bethlehem war und ihr Erlebtes aufgezeichnet hat. Einige Begebenheiten werden auch von Pfarrer Meurers geschildert.

Ereignisse in Kloster Bethlehem nach dem 25. Februar 1945

Aufgezeichnet von M. Klostermann, Lehrerin.

Am Sonntag, den 25.02.1945 rückte die Front bedenklich näher. In der Nacht waren die ersten Artillerie-Schüsse über uns hinweg gesaust. Morgens begann sehr früh die Tätigkeit der Tiefflieger, ich wußte kaum, wie ich nach der 1/2 8 Uhr hl. Messe zurück zum Kloster kommen konnte. Den ganzen Tag über hatten wir dann Alarm bei strahlendem Sonnenschein. Der Flakstab, der in Bethlehem sein Quartier hatte, packte fieberhaft, obwohl der Koch vorher zu den Schwestern gesagt hatte: „Macht tüchtig ein, damit wir zu essen haben, wir bleiben doch länger hier als ihr!“ Bei Eintritt der Dunkelheit verließen die ersten Autos mit Helferinnen den Hof. Die meisten Mädel waren sehr gedrückt, aber alle mußten mit, auch die, die aus Fortuna, Bergheim und den umliegenden Dörfern zu Hause waren. Drüben im Rektorat wurde die Gauleitung der NSDAP auch immer nervöser. Montags räumte der Stab vollends. Alle Telefonleitungen wurden durchschnitten. Kaum waren sie fort, begann für uns das Aufräumen, Umräumen und Packen. Alles Bettzeug wurde in den Keller oder in das Stübchen neben der Bügelstube gebracht. Die Schwestern zogen wegen des heftiger werdenden Aribeschusses in den Keller. Die Räume neben der Brotstube wurden hergerichtet. Der letzte Raum wurde Schlafraum für die Schwestern, er hatte drei Luftschutzbetten, je zwei übereinander. In dem anderen Raum wurde für die kranke Schwester Helena ein Bett aufgeschlagen. Hier fand auch unser Kanarien-Häuschen eine Unterkunft. Die restlichen vier Schwestern schliefen im Vorraum vor der Waschküche. Unsere älteren Schwestern: Schwester Blanka, Schwester Pulcheria, Schwester Cölestine, Schwester Achatia und Schwester Alexandra waren am 29. November 1944 zum Mutterhaus gereist. Für die fünf Hausangestellten und mich wurden Lager im Gang vor der Backstube hergerichtet. Johann, der Pole, der treu die Landwirtschaft versorgte, und Pitter zogen in den Heizraum vor der Backstube. Unsere Männer: Opa Feldhoff, Herr Tirtei, Herr Schallenberg, Heinrich Türer, Herr Schornstein und Veiten (die beiden letzteren waren aus Setterich) und Herr Kaplan Korth bekamen je eine Chaise in den Küchenflur gestellt.

Da Schwester Cölestine seit November 1944 fort war, übernahm ich es, das Bettzeug vom Altbau nach unten zu bringen. Mehrere Male mußte ich aufhören, weil die Jabos (Jagdbomber) zu unverschämt wurden. Dann wurden alle Vorhänge abgenommen und mit den Decken, Deckchen und Kissen in Körbe gepackt, die auch zum Keller wanderten, die Bilder kamen in die Schrankschubladen. Die große Muttergottes- Statue vom Altbau stellten wir mitten in den Flur.

Am Dienstag früh ging ich noch einmal nach Oberaußem zur NSV. (Man hatte mir, nachdem am 25. September 1944 die Schulen geschlossen worden waren, die Verpflegungsausgabe für ca. 900 Westwallarbeiter, 40 Gestapo, 40 NSKK und 50 bis 60 Hitlerjungen übertragen.) Das Nest war aber leer. Oberaussem wimmelte von Militär. Oben an der Mühle hatte deutsche Artillerie Aufstellung genommen. Schnell eilte ich zurück. (Zur gleichen Zeit wurde in Oberaußem meine Schülerin Kätchen Raab, die in Großkönigsdorf von einer Bombe getötet worden war, zur letzten Ruhe bestattet. Leider wußte ich es nicht, sonst hätte ich den Weg zum Friedhof bestimmt nicht gescheut.) Hier im Haus ging das Räumen weiter. Die Brotstube wurde Kapelle. Morgens früh feierte Herr Kaplan Korth dort das hl. Opfer. Es war ergreifend, wenn sich dann die kleine Gemeinde um den Altar scharte, während das Dröhnen der Geschütze die Fenster klirren machte. lm Keller war ein fortwährendes Kommen und Gehen. Die Kampftruppen gingen von dort durch den Garten in den Wald und kamen auch so zurück. Natürlich hatten die Jabos das bald heraus und umkreisten Bethlehem dauernd. Wasser und Licht gab es nicht mehr, da das Wasserwerk in Sindorf getroffen war. Alles Wasser mußte aus Fortuna geholt werden, aus einer Pumpe unterhalb der Kippe. Die Soldaten holten das Wasser.

Mittwoch, den 28. Februar 1945 zogen die Amerikaner in Bergheim ein. Nach hier sollte Verstärkung kommen. Gegen Abend traf sie ein. Horrem, Quadrath, Niederaußem waren in der Hand der Amerikaner. Donnerstag kamen sie in den Wald von Bergheim her, wurden aber von unseren Truppen zurückgeworfen, darauf setzte am selben Nachmittag gegen 1/2 7 Uhr ein furchtbarer Aribeschuß ein. Die Schwestern waren gerade in der Brotstube zu Tisch. Herr Kaplan Korth, ein Offizier und ich waren in der Küche, als das Heulen Bersten und Krachen begann. Man meinte das Haus stürze zusammen. Überall Staub und Scherben. Die Schwestern flüchteten schnell in den Luftschutzkeller, in dem Frau Schallenberg und Frau Arenz, die Bethlehem nicht verlassen wollten, wohnten. (Frl. Panz, Frl. Klein, Frau Volkery und Frau Kniep waren am Dienstag noch mit einem Sanitätsauto nach Knechtsteden gebracht worden). Herr Kaplan Korth flüchtete in eine Küchenecke, der Offizier lag gleich platt auf dem Boden und ich suchte Schutz an der Küchenwand. Nachdem noch eine zweite Salve vorüber war, wurde es wieder ruhig. Es dauerte nicht lange, da kamen unsere Soldaten zurück aus dem Wald. Sie brachten eine ganze Anzahl Verwundeter mit. Schwester Oberin Clarissa und Schwester Winanda halfen den Sanitätern beim verbinden. Bald war jede Chaise belegt, oft von zwei Verwundeten. Die meisten hatten Bein- oder Armverletzungen; einer jedoch hatte einen Kopfschuß. Er war bewußtlos, knirschte aber dauernd mit den Zahnen bis eine Spritze half. Es war ein trostloses Bild bei notdürftiger Kerzenbeleuchtung.

Dann kam Bescheid, dass Bittel’s bestes Pferd durch den Beschuß getötet sei – und was weit schlimmer war, dass draußen am Geschütz vor dem Haus ein Toter liege. Derselbe hätte morgens noch mit Herrn Kaplan gesprochen und ihm seine Personalien und Heimatadresse mitgeteilt für den Fall, dass ihm etwas passieren würde. Die Kameraden holten ihn und Herr Kaplan begrub ihn in einem Einmannloch im Garten während einer Beschußpause.

Als wir uns draußen dann mal umsahen, mußten wir feststellen, dass die Ökonomie besonders schwere Treffer bekommen hatte, auch die Kapelle, und das Altbaudach. An der Rückseite des Hauses gab es keine ganzen Fensterscheiben mehr. Es zog überall furchtbar.

In der Küche gab es viel Arbeit, da unsere Soldaten hungrig und durstig von jeder Streife zurückkamen. Müde hockten sie sich in jeden Winkel, um nach kurzer Rast wieder hinaus zu müssen. Es war trostlos – weil es doch auch so nutzlos war.

Gegen elf Uhr abends brachte ein Pferdefuhrwerk nochmals Verpflegung für die Leute. Es war klarer Vollmondschein, taghell alles beleuchtet. Die Jabos sausten ununterbrochen durch die Gegend. Dennoch gelang es, die Verwundeten auf das Fuhrwerk zu legen. Sie wurden mit einem Zelttuch, auf dem ein rotes Kreuz angebracht war, bedeckt. Dann fuhren sie gegen 1 Uhr ab und kamen ohne Zwischenfall in Brauweiler an, wie gemeldet wurde.

Inzwischen kam das Frontgeschehen immer näher und näher. Nachts brachten Soldaten noch einen toten Kameraden, den sie unweit der Grotte gefunden hatten. Herr Kaplan begrub auch diesen in einem Einmannloch.

An Schlafen war in dieser Nacht nicht zu denken. Wir blieben im Luftschutzkeller, in den uns auch der Heiland begleitete. Am Morgen teite Herr Kaplan nur die hl. Kommunion aus. Dann blieben wir möglichst im Luftschutzkeller. Nach und nach kam das Schießen immer näher. Der Oberleutnant und ca. 14 Soldaten fanden sich auch bei uns ein. Sie sahen keinen anderen Ausweg mehr, als in die Gefangenschaft zu gehen Ihre Waffen lagen zerbrochen vor der Küchentür. Nun vernichteten sie noch manches von ihren Briefsachen, Bildern und dergleichen. Es war ein Bild das traurig machte. Hier bat einer eine Schwester sie möchte doch seinen Angehörigen schreiben und gab ihr die Adresse – ein an- derer bat, man möge für ihn beten, mir gab einer seinen Brustbeutel mit seinem Ehering, 100 RM und einer Marienmedaille. Alle fürchteten sich vor dem Kommenden. Der Oberleutnant gab ihnen noch doppelte Verpflegung und ermunterte sie zum Essen, da sie doch so bald nichts wieder bekommen würden. Aber den meisten schmeckte es nicht.

Das Schießen war jetzt direkt um das Haus herum. Dann hörte man ein Krachen im Haus. Da hielt Schwester Oberin Clarissa es nicht mehr im Keller aus. Zusammen mit Herrn Kaplan ging Schwester Oberin nach oben und stand im Parterre den Amerikanern gegenüber. Diese erschraken; denn sie hatten wohl nicht damit gerechnet, dass noch Leute im Hause seien. Oben in den Etagen wurden schon überall die verschlossenen Türen eingetreten. Wir mußten nun alle aus dem Keller kommen. Die Soldaten mußten die Treppe zum Altbau hin benutzen. Sie wurden gleich visitiert und in Richtung Bergheim abgeführt. Sie wurden ordentlich behandelt. Wir Zivilisten mußten die Treppe zum Chörchen gebrauchen. Überall standen Amerikaner mit schußbereiter Waffe im Hof, im Chörchen, auf den Treppen in den Gängen. Und es war so kalt, es zog so sehr wir hatten nicht geschlafen. Herr Kaplan konnte sich auf Französisch etwas verständigen. Wir durften dann wieder in die Küche gehen, weil das der einzige warme Raum war.

Ich vergaß zu schreiben: In der Frühe des Tages brachte man noch einen Schwerverletzten – der ganze linke Unterarm war zerfetzt. Ein Sanitäter brachte ihn aus dem Walde mit und blieb auch bei ihm. Der arme Verwundete jammerte so sehr. Immer wieder rief er: „Bringt mich doch fort, ich will nicht in Gefangenschaft, die machen mich tot ich habe viele Kinder zu Hause!“ Es war furchtbar! Zum Glück hatte Schwester Winanda noch eine Morphiumspritze, danach wurde er ruhiger. Er lag im Küchenflur auf einer Chaise, der Sanitäter saß bei ihm.

Als den Amerikanern gemeldet wurde, dass im Keller noch ein Schwerverwundeter und ein Sanitäter seien, da gingen sie hinunter und sahen sich sie an. Dann brachten sie ihnen je eine Zigarette, eine Wolldecke und dem Sanitäter einen dicken warmen Mantel, weil es dort unten so zog. Später holte ein Sanitätsauto beide ab nach Bergheim. In der Küche durften wir uns um den Herd herum setzen. Die Männer mußten bei der Tür bleiben. Sie wurden nach Waffen und Messern untersucht. Dann konnten auch sie sich setzen. Pitter hatte seinen Koffer mit Wäsche und Anzügen bis in die Küche gebracht, nun setzte er sich darauf in der Freude, wenigstens das gerettet zu haben. Aber es sollte anders kommen!

Zwei Amerikaner blieben in der Küche zurück. Offiziere gingen ein und aus. Panzer hörten wir vorbei rollen. Es war uns alles ziemlich gleichgültig, jetzt merkten wir erst, wie erledigt wir waren und wie müde. Herr Kaplan fragte in Französisch, ob wir für uns kochen dürften. Das wurde gleich bewilligt und Schwester Ferreria kochte Grießbrei. Nach einiger Zeit brachte man aus Fortuna alle Leute, die diesseits der Bahn in ihren Häusern angetroffen worden waren. Man sah viele ängstliche Gesichter, aber auch schon solche, die mit den fremden Soldaten liebäugeln wollten. Es wurde uns anders. Als es gar zu voll wurde, bekamen die Schwestern die Erlaubnis, in die Brotstube gehen zu dürfen. Wir schlossen uns an. Dort aßen wir erst den guten Brei, spülten und dann wollten wir ruhen – nur ruhen – wir waren ja alle so so so müde.

Auf einmal kam Herr Kaplan Korth ganz aufgeregt herein gestürmt: „Alles muß sofort zur Pfarrkirche nach Fortuna – schnell, schnell! Sonst wird auf uns geschossen!“ Dieser Schreck! Nun wollten wir wenigstens unsere Luftschutztasche aus dem Luftschutzkeller mitnehmen. „Nix – raus!“ hieß es da. So mußten wir ohne alles uns auf den Weg machen.

Der Anblick der sich uns bot, als wir nach draußen kamen, war trostlos. Der ganze Hof ein Morast – alles voller feindlicher Fahrzeuge. Aus den Fenstern des Rektorats, aus Neubau und Altbau schauten amerikanische Soldaten. Nur unsere Agnes hatte Mut. Sie ging ans Fenster der Bügelstube und zeigte auf zwei Kleider, die an einem Regal dort hingen. Anstandslos reichten die Amerikaner sie ihr heraus.

In der Allee sahen wir ein wüstes Durcheinander von Zweigen, Leitungsmasten, Drähten überall Verwüstung, Zerstörung! Man führte uns quer über das Feld. Als wir an die Straße kamen, die nach Kenten führt, mußten wir warten und amerikanische Truppen vorbei lassen, die einer hinter dem anderen die Straße herauf kamen. Wir konnten in dieser Zeit Umschau halten. Da sahen wir auf dem Felde einen deutschen Gefallenen liegen, das Herz tat weh.

Dann ging es weiter den Bahndamm hinunter, über die Schienen, an der anderen Seite wieder hoch, durch einen Garten in die Bahnstraße. Auch hier derselbe trostlose Anblick. Viele Häuser der Bahnstraße hatten durch den Aribeschuß sehr gelitten, auch die Schule hatte sieben Treffer. Die Leute, die uns begegneten, hatten alle ängstliche Gesichter, viele sahen durch den langen Aufenthalt im Stollen krank und elend aus. Wir kamen in die Kirche. Ein Treffer hatte die Orgel zerstört, ein kleinerer die linke Wand durchschlagen – alles voller Schutt, Glassplitter und Staub. Im Mittelgang stand noch die Tumba – morgens solten die Exequien für Käthchen Raab sein, die aber wegen des Einzugs der Amerikaner verschoben werden mußten. Nun räumten die Schwestern schnell die Tumba fort. Herr Dechant Heinrich Meurers brachte das Allerheiligste aus dem Tabernakel in den Tresor in der Sakristei – und dann warteten wir durchfroren und todmüde auf das, was man uns zu sagen hatte. Viele Leute aus Fortuna warteten mit uns. Dann hieß es auf einmal: „Alles muß wieder in den Stollen, in den Kirchenkeller, oder in einen Keller der fünf anliegenden Häuser, weil der deutsche Aribeschuß einsetzen wird.“ Wir gingen in den Kirchenkeller und zwar in den sogenannten Krippenkeller. Dort waren wir für uns und hatten uns bald damit abgefunden die Nacht dort zu verbringen. Für die arme kranke Schwester Helena war es furchtbar. Da ließ Schwester Oberin Clarissa durch Schwester Winanda in der Pastorat fragen, ob sich dort für die Kranke wohl ein Plätzchen vielleicht noch finden ließe. Herr Dechant Meurers ließ antworten, Schwester Helena solle kommen – außerdem sei die Waschküche noch frei, wenn wir damit vorlieb nehmen wollten, möchten wir alle kommen. Wer war froher als wir. Schnell nahm jede ihren Stuhl und eilte damit in die Pastorat. Schwester Helena bekam einen Liegestuhl, und wir anderen suchten einen Platz in der Waschküche. Unter dem Waschkessel brannte bald ein Feuer, wir brauchten nicht zu frieren. Fräulein Anna, die Haushälterin des Herrn Dechants, kochte für uns alle dann noch eine dicke Suppe, da wir doch auch zum Essen nichts mitnehmen durften aus Bethlehem. So erschöpft wir auch waren, schlafen konnten wir auf den Stühlen doch nicht – nur unsere Mädel Else, Margret, Eva, Sophie, Lenchen und unsere Agnes fanden Schlaf.

Am nächsten Morgen war in der Pfarrkirche keine hl. Messe. In der Kirche hatten es sich einige Familien wohnlich gemacht, die ihre Häuser für die Kampftruppen räumen mußten. Geräumt werden mußten die Oberaußemer Straße, von der Bethlehemer Straße der obere Teil bis zur Kentener Straße, die Grubenstraße, die Giersbergstraße bis Lanzeraths und Cornelius Schmitz, die Kentenerstraße, Bahnstraße, Schulstraße und Kirchstraße. Aus fast jedem Küchenfenster sah bald eine Pfeife eines Herdes heraus. Betten wurden aufgeschlagen, Tische und Stühle aufgestellt und dergleichen mehr.

Wir halfen in der Pastorat, so gut wir konnten, vor allem schleppten unsere Mädels Wasser. Mittags hieß es dann, wir dürften zurück nach Bethlehem. Gegen drei Uhr machten wir uns auf den Weg. Dieses Mal ging es nicht quer feldein, sondern über die Ringstraße und Bethlehemer Straße.

Wir wollten vom Hof aus in den Küchenflur. Herr Kaplan begleitete uns, doch schon hieß es wieder. „Nix Zivil, nur Sisters!“ O weh, wieder mußten wir zurück. Es war uns furchtbar, die Schwestern allein in Bethlehem zu lassen, aber alles Weinen, Klagen half nichts. Mit einem Korb voller Eßwaren bewaffnet gingen wir – unsere Mädchen, die Männer und ich zurück. Die Männer blieben für die Folge in der Meßdienersakristei in der Kirche, die heizbar war. Nachts legten sie sich auf die Kokosläufer, von denen sie mehrere aufeinander legten. Es war auf jeden Fall besser als im Stollen. Dieser wurde auch bald von den Amerikanern geschlossen. Die Mädchen und ich durften weiterhin in der Waschküche der Pastorat bleiben. Fräulein Anna kochte für uns und die Männer zunächst mit. Schwester Helena blieb noch einige Tage in der Pastorat, erst am Dienstag wurde sie nach Bethlehem geholt.

Die Schwestern fanden in Bethlehem viel, viel Arbeit, als sie am Samstag Nachmittag kamen. Die Kapelle mußte zunächst einigermaßen hergerichtet werden, weil der Herr Kaplan am Sonntag um 8 Uhr das hl. Opfer für die Amerikaner feiern sollte. Da die Fenster in der Kapelle alle zerstört waren, war es dort sehr kalt. Die Schwestern durften am Sonntag auch dem hl. Opfer beiwohnen, man hatte sogar für sie Bänke frei gelassen. Alle Schwestern äußerten sich nachher lobend über die gesammelte Haltung der amerikanischen Soldaten, die auch fast alle zur Kommunion gegangen waren. Zunächst durften die Schwestern nur die Brotstube und die drei Schlafräume benutzen. In der ersten Nacht wurden die Schwestern durch mehrfaches Klopfen an der Tür gestört, vermutlich durch die Ärmsten, die im Vorraum vor der Waschküche schliefen. Am nächsten Morgen beschwerte sich Schwester Oberin, daraufhin wurden die Türen gekennzeichnet mit „Sisters“ und die Störungen hörten auf. Mittwochs bekamen die Schwestern die große Küche frei, von da an kochten sie auch für uns. Wir holten mittags und abends das Essen in Milchkannen mit einem Ziehwagen. Von den Schwestern durfte Schwester Chrisostoma in den Stall, um das Vieh zu versorgen.

Die meisten Hühner waren fort. Ein Schwein war abgeschlachtet – Kopf und Beine lagen auf dem Mist. Dorthin sollte auch ein großer Eimer mit Gänsefett geschüttet werden. Schwester Chrisostoma begegnete gerade dem Koch und seinem Gehilfen als die den Eimer über den Hof trugen. Da sie Schwesters entsetztes Gesicht sahen, fragten sie, ob Schwester den Inhalt haben wollte. Und ob! Von da an fiel manches für die Schwestern ab.

In der Pfarrkirche war ab Sonntag jeden Morgen hl. Messe. Schwester Bertina, die bei uns im der Pastorat geblieben war, deckte Stunde vorher den Altar, wobei ich helfen durfte. Die Familien, die in der Kirche wohnten, verhielten sich während der Zeit ruhig. Die meisten Leute lagen noch im Bett, nur hier und da kochte das Kaffeewasser. Nach der hl. Messe wurde das Allerheiligste wieder in die Sakristei gebracht und der Altar ganz abgeräumt. Dann war in der Kirche das Leben wie in den Häusern. Nach und nach suchten sich die Leute Unterkommen in einem der nicht beschlagnahmten Häuser, weil in der Kirche es doch zu kalt war. In manchem Haus wohnten 5 bis 6 Familien. Man half und behalf sich.

Bürgermeister wurde Herr Fritz Meurers. Seine Hauptsorge galt zunächst der Herbeischaffung von Lebensmitteln, vor allem sorgte er für Milch für die Kleinkinder. Am nächsten Tag mußten sich im Konsum alle bei den Amerikanern melden, die in der Partei oder in einer der Gliederungen tätig gewesen waren. Wegen meiner NSV-Tätigkeit meldete ich mich auch. Man verlangte meine Papiere, da ich aber nichts bei mir hatte, sollte ich sie in Bethlehem holen. So machte ich mich also auf den Weg. Unbeheligt kam ich über den Hof unten in die Küche, wo mich die Schwestern freudig begrüßten. Den Schwestern war es inzwischen gelungen, unsere Sachen aus dem Luftschutzkeller in Waschkörben zu holen. Die Amerikaner hatten die Koffer aufgerissen oder aufgeschnitten, was ihnen gefiel herausgenommen, das andere ausgeschüttet. Somit lag alles durcheinander. Leider fand Schwester Oberin Clarissa in dem Durcheinander auch eine Reihe heiliger Hostien. Das Ciborium war wohl umgefallen. Mit großer Vorsicht und schmerzlicher Andacht sammelte Schwester Oberin die heiligen Hostien aus dem Wirrwar heraus. Ein Kelch und die Monstranz fehlten. Letztere wurde später dem Oberpfarrer in Bergheim wieder abgegeben; vom Kelch fehlt jede Spur.

Fast eine Woche lang habe ich dann von morgens 1/2 10 bis nachmittags 4 Uhr in der Waschküche die Sachen sortiert. Wie froh war man, wenn man wieder etwas fand, was einem gehörte. Ab und zu kam eine Schwester, um zu sehen, was sich von ihren Sachen gefunden hatte. Groß war die Freude, als ich nämlich zuletzt meinen Schott gefunden hatte. Vieles fehlte! So fand ich z.B. kaum ein Schwesterntaschentuch, sie waren zum Gewehrreinigen auch gar sehr bequem. Ein Wollkleid von mir fand ich hinten im Garten beim Bienenhaus wieder. Viele Bettwäsche zogen wir aus dem Schmutz im Hof. Nach zehn Tagen wurden die Kampftruppen in Richtung Köln abkommandiert. Da endlich durften wir zurück. Wie aber sah es in Bethlehem aus. Als erstes waren wir darum bemüht, die Zimmer von Schutt und Dreck zu reinigen und sie bewohnbar zu machen. Alles Mobilar war durcheinander gebracht. So suchten wir z.B. die große Muttergottes – Statue, die wir doch mitten in den Altflur gestellt hatten. Schließlich fanden wir sie in einem Kleiderschrank mit den kleinen Statuen vom hl. Josef, dem hl. Herzen Jesu, der hl. Elisabeth, wieder. Man wußte nicht wo man beginnen sollte. Alles half! Herr Kaplan schaffte im Garten, durch den die Panzer kreuz und quer gefahren waren, durch die Mauer hindurch. Die beiden in den Einmannlöchern begrabenen Soldaten wurden ausgegraben. Herr Kaplan mußte lange suchen, bis er sie fand, da die Panzer alle Löcher zugefahren und verwischt hatten. Sie wurden nebeneinander auf dem Rasenstück hinter dem Maschinenhaus beigesetzt. Als dritter kam dazu der Gefallene, den wir auf dem Feld gesehen hatten. Ihn hatten die Amerikaner auf unserem Acker neben der Allee begraben. Nun lagen alle drei nebeneinander, und machten wir einen Gang durch den Garten, so verhielten wir den Schritt und beteten still für sie in Dankbarkeit. Wochenlang fehlten nur noch Wasser und Licht: Dennoch ging es täglich – wenn auch langsam – voran!

Ab hier übernehme ich wieder den Text der Chronik, aufgeschrieben von Herrn Dechant Wilhelm Meurers.

Auch etwas Erfreuliches ist aus jenen Tagen zu berichten. Eine Gruppe von Sanitätern, an der Spitze ein Arzt, wünschten sich am Sonntag einen Gottesdienst. Die hI. Messe wurde für 9 Uhr angesagt. Es nahmen 60 Personen teil, von denen 40 die hl. Kommunion empfingen. Ebenso wurde ein Gottesdienst in der Kirche von Fortuna gehalten, der aber nur schwach besucht war. Viele wußten bei dem ganzen Durcheinader nicht einmal, dass Sonntag war. Jeder suchte seine Sachen, von denen vieles nicht mehr da war. Am Mittag kam der Befehl, eine ganze Reihe von Häusern für die Truppen zu räumen. Die Leute wußten nicht wohin. Ein Teil zog in den Kirchenkeller und in die Kirche. Es wurden Betten, Herde und allerlei Hausgeräte aufgestellt. Es war ein richtiges Lager. Dieser Zustand dauerte nicht lange, da die Soldaten wieder abzogen. Als die Leute wieder in ihre Wohnungen kamen, war vieles verschwunden. Auf der Kippe war ein Sammellager von Ukrainern. Sie gingen einfach in die Häuser und räuberten alles, dessen sie habhaft werden konnten. Sie legten es als Wiedervergeltung aus. Als die Leute sich wehrten griffen die Amerikaner ein. (Zeitzeugen aus Fortuna berichten von einer Straßenschlacht mit den Ukrainern mit Stöcken und Zaunlatten) Später mußten noch einmal ein Teil der Häuser geräumt werden. Das Kasino wurde Lazarett. Allmählich kam wieder Ordnung. Nur noch wenige Soldaten waren hier. Das Kraftwerk war schon bald wieder angelaufen. Welche Wohltat war es, als wir wieder zum ersten mal Wasser hatten. Mehrere Wochen lang, sogar während der Fliegerangriffe, mußten wir Wasser von der Pumpe holen, die aber nachher versagte, da sie so sehr in Anspruch genommen wurde. Noch mehr freute man sich, als das Licht wieder brannte und man einigermaßen durch das Radio mit der Welt wieder verbunden war. Man begann die Schäden auszubessern, es fehlte aber an Material. Steine, Dachziegel und Glasscheiben waren rar. In die Kirche regnete es durch die großen Löcher herein. Der Sturm fegte durch die offenen Fenster. Es gelang kleine Scheiben zu besorgen. Herr Josef Schmitz übernahm die mühselige Arbeit, etwa 250 kleine Scheiben einzusetzen und dadurch die Fenstern wieder herzustellen. Vor dem Einmarsch der Amerikaner waren viele Sachen über den Rhein in Sicherheit gebracht worden. Nach langem Überlegen brachten wir die Goldsachen, Paramente, Wäsche u.s.w. in den Heizungskanal der Kirche, der abgemauert wurde. So blieb uns alles erhalten und wurde später wieder unversehrt herausgeholt, während viele trotz ihrer Sorge und des Abtransports ihre Sachen verloren. Allmählich erwachte auch das kirchliche Leben. Die Kinderkommunion, die sonst am Weißen Sonntag gehalten wurde, war damals nicht möglich. Sie wurde auf den Sonntag nach Christi Himmelfahrt verlegt. Es gingen 13 Mädchen und 3 Knaben zur ersten hl. Kommunion. Die üblichen Maiandachten wurden nach langen Jahren wieder gehalten. Die Beteiligung war sehr groß. Ebenso an der Fronleichnamsprozession, die wieder durch die geschmückten Straßen ging. Auf allseitigen Wunsch wurde auch wieder die Herz- Jesu- Feier der Männer in Bethlehem gehalten. Da sie wegen der Ausgangssperre nicht in der Nacht sein konnte, wurde eine Abendmesse auf dem Platz im Wald mit Predigt und Prozession gehalten. Es nahmen auch eine Reihe von Geistlichen teil. Von Bergheim kam eine Prozession.

Am 1. August konnte auch der Kindergarten wieder eröffnet werden. Schmerzlich war damals die Schließung gewesen, um so freudiger nun die Wiedereröffnung. Die Schwester Generaloberin hatte uns Schwester Ruth, eine geprüfte Kindergärtnerin gegeben, die die Sache mit Energie anfaßte und sich gut bewährte Für den Kindergarten bot Direktor Scharf die früheren Räume an und wollte sie auch herrichten lassen. Das Angebot blieb anfangs unberücksichtigt wegen der damaligen unliebsamen Vorgänge. Er wiederholte es aber 2 und 3 Mal. Es wurde dann aber angenommen. Die Räume wurden hergestellt. Zunächst waren 35 Kinder angemeldet. Am 1. August 1945 wurde der Kindergarten mit einer kleinen Feier eröffnet, an der Herr Oberingenieur Spöntjes und der Ortsbürgermeister teilnahmen. Das Kreuz wurde wieder feierlich aufgehängt. Die Zahl der Kinder wuchs, so dass sie bei der Nikolausfeier 80 Kinder betrug. Es bestand der große Wunsch, bald die Schule wieder zu eröffnen. Die Schwierigkeit lag darin, dass die meisten Lehrer in der Partei gewesen waren und für den Schuldienst nicht zugelassen wurden. Am 1. August 1945 wurde dann auch die Schule in Fortuna wieder eröffnet, vorläufig mit vier Klassen. Schulleiterin wurde Frl. Klostermann. Am 1. September kamen weitere 4 Klassen hinzu. Am 26. September 1945 war in Bergheim die Wallfahrtsandacht der Kevelaerpilger. Die Pfarreien kamen in Prozessionen an. Die Beteiligung war außerordentlich groß. Kaplan Bodden aus Brühl, früher in Fortuna hielt eine packende Predigt über die Schmerzhafte Mutter. Ein Beweis praktischer Karitas brachten die Pfarrangehörigen durch die Lebensmittelsammlungen für die Soldaten in den Lagern. Zu Hunderttausenden waren die Soldaten im Lager untergebracht. Die Verpflegung war sehr schlecht. Viele starben. Ein Aufruf der Karitas fand lauten Wiederhall. Tausende von Broten wurden gesammelt und ins Lager nach Wickrath gebracht. Es war viel, aber bei den Maßen zu wenig. Mit Genehmigung des Generalvikariates wurde an Sonntagen, an denen gearbeitet wurde, eine Abendmesse um 17 Uhr gehalten. Der Kirchenchor war in den letzten Kriegsjahren nach dem Heldentod seines früheren Dirigenten Baumann aus Ichendorf von Franz-Josef Langen aus Quadrath geleitet worden. Wegen der unruhigen Zeit und der Bombenangriffe fiel der Chor in den letzten Kriegsmonaten auseinander. Bei der Fronleichnamsprozession 1946 konnte nicht mehrstimmig gesungen werden. Herr Mathias Lynen, Chorleiter und Organist aus Aachen/Stolberg wurde nach seiner Entlassung aus der Gefangenschaft nach hier verschlagen da er in Stolberg alles verloren hatte. Er wohnte hier bei Verwandten. Er erbot sich, hier die Chorleitung und die Organistenstelle zu übernehmen. Das Musiktalent des neuen Dirigenten brachte neues Leben. Der Chor, der jetzt gemischt war, wuchs bis auf 70 Mitglieder. Am Fest des Kostbaren Blutes fand im Wald des Klosters Bethlehem die Herz- Jesu- Feier der Männer des Dekanates mit Abendmesse statt. Herr Pfarrer Oehm aus Oberaußem hielt eine packende Predigt über die Pflichten des Mannes in der Familie.

Nach der Heizperiode des Winters 1947 war der Heizungsofen in der Kirche stark verrostet. Dies kam von dem hohen Wassergehalt der Rohbraunkohle. Im letzten Jahr war er schon mehrmals abgedichtet worden, da der Rauch in die Kirche drang. An eine Reparatur war nicht mehr zu denken. Das Kraftwerk ließ für uns einen neuen Ofen machen. Die Kesselwände wurden besonders verstärkt, damit ein Durchrosten nicht mehr vorkommt.

Vom 5. bis 14. Mai 1947 fand im Dekanat die bischofliche Visitation mit Firmung durch den hochw. Herrn Weihbischof Dr. Stockums statt. In dieser Zeit wohnte der hochw. Herr im Kloster Bethlehem.. Am 11. Mai war Firmung in Fortuna. Die Kevelaerprozession konnte noch nicht gehalten werden, da die Bundesbahn noch keinen Sonderzug stellen konnte. So mußte jede Pfarrei allein die Pilgerfahrt machen. Wegen der Überfüllung der Züge wurden die Fahrten mit Bussen gemacht was die Leute nicht abhielt.

Das Jahr 1948 war für unsere junge Pfarre ein wahres Jubiläumsjahr. Am 1. Februar wurden es 25 Jahre, dass das Rektorat Fortuna, das im April des vorhergehenden Jahres von der Pfarre Oberaußem abgetrennt worden war, zur Pfarre erhoben wurde. Den letzten Ausschlag gab damals die persönliche Vermittlung durch Herrn Generaldirektor Dr. Silverberg in Berlin. Die Pfarre Fortuna war die letzte Pfarrerhebung unter Mithilfe der Regierung vor der Nazizeit. Es lag also wirklich ein Grund vor, dieses Jahr festlich zu begehen. Die Volksmission wurde von den Franziskanerpatres Paulinus und Laurentius gehalten. Die Beteiligung der Leute war überwaltigend. Bei der Schlußfeier wurde 800 Teilnehmer gezahlt. Weiter zeigte sich der Zuspruch der Leute darin, dass sie 300 Zentner Brikett fur die Klöster stifteten, die von der Grubenverwaltung nach Kreuzberg bei Bonn und nach Euskirchen gebracht wurden.

Im Mai 1948 war auch der 25. Jahrestag der Ernennung des ersten Pfarrers von Fortuna. Der Tag hatte sich nicht verheimlichen lassen. Die Gemeinde wollte den Gedenktag feierlich begehen. Er war jedoch auf eine schlichte kirchliche Feier beschränkt Am ersten Oktobersonntag 1948 wurden es 25 Jahre, dass der Hochselige Kardinal Schulte unsere Kirche konsekriert hatte. Sein Nachfolger Kardinal Frings erklärte sich gern bereit zu dem Tag zu erscheinen. Er feierte um 1/2 9 Uhr eine Pontificalmesse. Nach dem Evangelium hielt er eine herzliche Ansprache an die Gläubigen in der vollbesetzten Kirche Er sprach stellenweise in launiger Weise über das Verhältnis von Pfarrer, Kirche und Gemeinde, die heute silberne Hochzeit hielten und beglückwünschte sie zu dem glücklichen Verhältnis, das in guten und schweren Zeiten standgehalten hätte und begründete dasselbe mit dem Namen Fortuna. Leider konnte Herr Direktor Ermert, der im Krankenhaus Hohenlind lag und dem die Kirche in 25 Jahren so viel zu verdanken hat, nicht teilnehmen. Seine Eminenz dankte in seiner Ansprache der Rh.A.G. in Köln für die große Förderung der Pfarrgemeinde Fortuna in den vergangenen 25 Jahren und bat um Hilfe für die benachbarte Pfarre Niederaußem, wo ein Kirchbau infolge des Anwachsens der Bevölkerung bald notwendig werden wird (Der Grundstein für die Pauluskirche in Niederaußem wurde 1969, also 21 Jahre später gelegt).

Das Jahr 1949 bracht im Anfang ein außergewöhnliches Ereignis, die erste Primiz. Ein Sohn unserer Gemeinde, Gottfried Schmitz, wurde am 24. Februar 1949 im Dom zu Köln zum Priester geweiht.

Am 6. März feierte er sein erstes hl. Messopfer in seiner Heimatkirche. Mit Eifer und Begeisterung wurde der Tag vorbereitet. War doch seit vielen Jahren, auch in der Umgegend, keine Primiz gewesen. Die Gemeinde schenkte dem Primiziant einen Schreibtisch mit Sessel, die Geistlichen eine wertvolle Stola. In feierlicher Prozession wurde der Primiziant durch die reich geschmückten Straßen zur Kirche geleitet. Beim feierlichen Hochamt sang der Chor mit Bläserbegleitung. Die häusliche Feier war im Kloster Bethlehem. Nachmittags war Dankandacht, in der Pfarrer Beckmannn aus Frauenberg bei Euskirchen, ein früherer Kaplan und besonderer Freund und Förderer des Primizianten, die Predigt hielt. Kaplan Schmitz kam zunächst nach Wuppertal, später nach Eckenhagen und nach Düsseldorf-Reisholz.

Einen großen Verlust bedeutete für die Pfarrgemeinde der Tod von Direktor Ermert vom Kraftwerk. Er starb am 23. Mai 1949. Er stand am Beginn der Errichtung unserer Kirchengemeinde und hat unseren Kirchbau durch seine tatkräftige Hilfe und seinen Rat maßgebend beeinflußt. Von Anfang an war er Mitglied des Kirchenvorstandes, eine Zeit lang Mitglied des Kreisausschusses und Abgeordneter des Landtages.

(Vom beigefügten Totenzettel liegt mir nur die Innenseite vor).

Das Heilige Jahr 1950 wurde mit einer Mitternachtsmesse in der Neujahrsnacht eröffnet. Wieder Erwarten zeigte sich ein überaus großer Besuch und Sakramentenempfang.

Am 8. März starb Pfarrer Peter Lux aus Tripsrat bei Geilenkirchen. Er war der erste Kaplan in Fortuna gewesen.

Am 10. Mai begingen die Schwestern des Klosters das 50-jährige Jubiläum ihrer Niederlassung unter großer Anteilnahme der Gemeinde. Herr Lehrer Bondü machte mit seiner Gruppe außer sonntäglichen Fahrten eine große Radtour nach Oberammergau zum Besuch der Passionsspiele. Die Fahrt ging durch das Rheintal aufwärts über Heidelberg, Stuttgart, Ulm nach Oberammergau, wo mehrere Tage zum Besuch der Umgegend, wie Ettal und die Königsschlösser, Station gemacht wurde. Die Passionsspiele, deren Besuch wegen des riesigen Andrangs nur mit großen Schwierigkeiten gelang, war ein großes Erlebnis. Die Rückfahrt erfolgte über den Bodensee. Die Fahrt war anstrengend, aber lohnend und erinnerungsreich. Später wurde über diese Fahrt ein Lichtbildvortrag gezeigt.

(Die Chronik berichtet in den folgenden Jahren über den täglichen Ablauf des normalen Kirchenjahres. Über die Tätigkeit der kirchlichen Vereine, über Volksmissionen und die großartigen Messgesänge des Kirchenchors mit Bläserbegleitung. Ich werde mich deshalb in der Wiedergabe des kirchlichen Tagebuches auf ganz besondere Ereignisse beschränken. Ebenso ändert die kirchliche Chronik ihr Bild. Es wird nur noch selten in einem Text berichtet. Es werden in der Folge viele Fotos und Zeitungsnotizen wiedergegeben.)

Das größte Bedürfnis war 1951 für unser Pfarrleben die Erstellung eines Pfarr- und Jugendheimes in Verbindung mit einer Küsterwohnung. Es war nie möglich hier eine Wohnung für einen Organisten und Küster bei den werkseigenen Häusern zu erlangen. Bei der einsetzenden Bautätigkeit waren die Aussichten günstig. Die Pläne erstellte Dipl. Architekt Hans Pörkert. Die Auschachtungsarbeiten übernahm die Jugend und das Männerwerk. Die Grube stellte Baustoffe und Arbeitskräfte, teilweise auch das Kraftwerk. So konnte das neue Gebäude noch vor dem Winter bezogen werden. Das wichtigste Ereignis des Jahres 1952 war die Priesterweihe des Johann Jakob Wingendorf, dessen Totenzettel hier wiedergegeben.

Am 19. Dezember 1953 starb nach langem schwerem Leiden der Hochwürdige Herr Geistlicher Rat Pfarrer Heinrich Meurers, Dechant des Dekanates Bergheim, 1. Pfarrer der Pfarrgemeinde St. Barbara in Fortuna.

Am 13. Januar 1954 ernannte S. Eminenz der Hochwürdigste Herr Kardinal, Herrn Pfarrer Georg Helbach zum Pfarrer in Fortuna. Pfarrer Helbach, geboren am 6. Dezember 1900 in Köln, empfing die hl. Priesterweihe am 27. Juli 1924 in der Dreifaltigkeitskirche zu Innsbruck. Er war Kaplan in Köln- Flittard, Essen, Wuppertal und Honnef am Rhein. Im Jahre 1942 wurde er Pfarr- Rektor in Ratingen.

Neue Herz-Jesu-Figur

Seit Jahren stand in der Kirche eine Herz-Jesu-Figur, die einst von der Familie Ermert gestiftet worden war, eine Figur aus Gips. Der Bildhauer Tophinke aus Brühl erhielt den Auftrag, eine neue Statue aus Holz zu schnitzen. Er fertigte sie aus Lindenholz und stellte den mit der Dornenkrone gekrönten Christus dar, wie er auf seine Seitenwunde und sein heiliges Herz hinweist. Die Kosten wurden durch Stiftungen und Kollekten getragen. Am Kirmessonntag, dem ersten Sonntag in Oktober, an dem vor 35 Jahren die Kirche konsekriert worden war, wurde die Statue geweiht und der besonderen Liebe und Verehrung der Pfarre empfohlen. Einige Tage vorher war an der Evangelienseite ein neues Ewiges Licht aufgestelt worden. Den Ständer mit Ewig-Licht-Schale lieferte Wefers, Köln, Komödienstraße, von der auch der Osterleuchter stammt, der von Pfarrer Helbach angeschafft und in den letzten Jahren zu Ostern gebraucht wurde.

Restaurierung der Orgel

Die Orgel war schon immer ein Schmerzenskind der Kirche gewesen. Die jetzige Orgel, erst nach dem Krieg von Seifert gebaut und zwar mit Kriegsmaterial, genügte den Anforderungen nicht mehr. Immer wieder traten Mängel auf. Es machte sich das schlechte Material bemerkbar. Eine Generalüberholung kostete 11000 DM. Die Arbeiten wurden in drei Abschnitten durchgeführt. Abschließend ist zu sagen, dass das Jahr 1958 ein Jahr des inneren und äußeren Aufbaues gewesen ist, wozu Gott die Gnade und das Gelingen gab. Möge Gott Fortschritt und Wachstum geben auch im Jahr 1959.

Restaurierung des alten Seitenaltares und des alten Beichtstuhles

Nachdem im vergangenen Jahre die Restaurierung der alten Figuren unseres Gotteshauses durchgeführt worden war, konnte mit Hilfe des Landeskonservators und der erzbischoflichen Behörde sowie der Monatskollekte für unser Gotteshaus die Wiederinstandsetzung des alten Seitenaltares (aus dem Jahre 1680), der früher in Brühl- Badorf gestanden hatte, und des alten Beichtstuhls aus dem Jahre 1640, ebenfalls aus Brühl-Badorf, in der Zeit zwischen Februar und Juni 1959 durch den Restaurator Gangolf Minn, Brühl, durchgeführt werden. Der Seitenaltar wurde gegen Holzwurm präpariert; dann wurden die Übermalungen entfernt und die alten Fassungen freigelegt, zerstörte Vergoldungen und Versilberungen erneuert sowie fehlende Teile der alten Fassung eingestimmt. Das kleine Gemälde im zweiten Aufsatz des Altares (St. Pantaleon und St. Benedikt) wurde gereinigt und neu gespannt. Am 3. Juni kam der Seitenaltar zurück und fand allgemeine Anerkennung. Alle freuten sich über die gut gelungene Wiederherstellung. Der Altar ist zu einem Prunkstück für unser Gotteshaus geworden. Schon gleich stand fest, dass die Krippe in Zukunft vor den Franziskusaltar aufgebaut werden muß. Mit der Restaurierung des alten Beichtstuhls wurde im März begonnen. Nach der Präparierung gegen den Holzwurm wurden die starken Öl- und Lackschichten entfernt. Bis Ostern war der Beichtstuhl zurück. Die prächtige, reiche Arbeit ist jetzt noch deutlicher erkennbar.

Reparatur der denkmalwerten beiden Glocken

Am dritten Fastensonntag, dem 1. März 1959, fiel während des Läutens zum Hochamt aus der großeren Glocke der Klöppel heraus, was eine große Bestürzung auslöste. Die Glockengießerei Petit und Gebr. Edelbrock aus Gescher in Westfalen wurden beauftragt den Schaden festzustellen. Hierbei wurde festgestellt, dass auch an der kleineren Glocke Schäden waren. Hier war das Hängeeisen durchgeschlissen und mußte erneuert werden. Außerdem wurde ein leichterer Klöppel angebracht. Bei der größeren Glocke war das Hängeeisen abgebrochen Auch für sie kamen neue Hängeeisen und eine neue Armatur in Frage. Der vorhandene Holzglockenstuhl mußte als nicht mehr in Ordnung befindlich angesehen werden, er wurde daher durchrepariert und eine neue Strebe eingesetzt. Am 24. April 1959 waren alle Schäden behoben.

Goldene Hochzeiten

Drei Paare feierten im Jahre 1959 ihre goldene Hochzeit. Am Sonntag, dem 8. Februar, die Eheleute Josef Gromadzki und Angela geb. Stempiak, Barbarastraße. Am 13. Mai Callisto Fortuna und Terese geb. Migotti, Bethlehemerstraße. Am 8. Juli Hermann Müller und Katharina geb. Stemper, Schulstraße.

Verabschiedung von Gerhard Nußbaum

Herr Gerhard Nußbaum, Wirtschaftshof, war seit 1. März 1931 in unserem Gotteshaus als Kirchenschweizer tätig. Am 30. September verzog Herr Nußbaum nach Bergheim und mußte damit das lieb gewonnene Amt abgeben. Mit seltener Treue und Gewissenhaftigkeit hatte er 28 Jahre lang in unserer Kirche für Ordnung gesorgt. Am Sonntag, dem 27. September 1959 wurde er im Gottesdienst durch den Pfarrer verabschiedet und ihm der Dank der Pfarre ausgesprochen. Seine Nachfolge wird mit dem 1. Januar 1960 Herr Hubert Rausch antreten.

Paul Silverberg gestorben

Der Chronist muß noch den Tod des großen Wohltäters und Miterbauers unserer Pfarrkirche Herrn Paul Silverberg, erwähnen. Er starb in Lugano am 5. Oktober 1959. Der Pfarrer brachte für ihn und alle verstorbenen Wohltäter das hl. Opfer dar.

Kapläne in Fortuna

1922 – 1924 Peter Lux
1924 – 1925 Heinrich Vogel
1925 – 1930 Dr. Tacke
1930 – 1935 Heinrich Josef Beckmann
1935 – 1939 Wilhelm Bodden
1939 – 1942 Josepf Weyler
1942 – 1943 Dr. Johannes Otto Heuser
1943 – 1949 Johannes Korth
1949 – 1952 Johannes Heinrich Peters
1953 – 1954 Heinz Friedrich Kaspers
1955 – 1956 Jakob Fous
1956 – 1957 Heinzich Schwarz
1957 P. Günther Berners SDS

Der dritte Pfarrer im Bergarbeiterdorf Fortuna

Pfarrer Wilhelm Ewens

Bei strahlender Wintersonne wurde am Sonntagnachmittag der neuernannte Pfarrer von Fortuna, Wilhelm Ewens, durch Dechant Houben feierlich in sein Amt eingeführt.(Das Datum im Jahre 1957 ist uns leider nicht überliefert.) Die Einführung, zu der eine große Gemeinde sich eingefunden hatte, begann um 1/2 4 Uhr an der Eisenbahnbrücke, wo man einen großen Triumpfbogen mit dem Spruch „Salve bone pastor“ errichtet hatte.

Pfarrer Wilhelm Ewens, geb. 31. Mai 1911 in Köln-Lindental, geweiht am 27. Februar 1936 in Köln, kam von Bergheim, wo er seit 1946 als Rektor des Krankenhauses tätig war. Die Begrüßungsworte sprach der Salvatorianerpater Bernhard Günter, der als Pfarrverweser tätig gewesen war. Nach einem Liedvortrag und einem Gedicht wurde Pfarrer Ewens unter den Klängen der Bergmannskapelle durch die fahnengeschmückten Straßen zur Kirche geleitet, deren Schlüssel ihm Dechant Houben überreichte. Die kirchliche Einführung geschah dann nach dem Jahrhunderte alten Ritus. Im Anschluß an die Verlesung der Ernennungsurkunde sagte Dechant Houben in seiner Ansprache, der neue Pfarrer von Fortuna trete nun das Erbe des verdienstvollen, unvergessenen Dechanten Heinrich Meurers an. Diese schwierige Aufgabe möge er mit Mut und Kraft anfassen. Die Gläubigen forderte er auf, ihrem neuen Pfarrer in seinem Amt eine verläßliche Stütze zu sein und jederzeit in Treue zu ihm zu stehen. Nachdem der neue Seelsorger das Evangelium vom guten Hirten verlesen hatte, sprach er von der Aufgabe des Priesters. lm Kasinosaal war nach der kirchlichen Einführung eine weltliche Feier.

Unsere Schule

Herr Becker verließ mit Ostern 1958 unsere Schule, weil er zum Schulleiter in Frauweiler ernannt wurde. Herr Becker war als Erzieher unserer Kinder in der Pfarre sehr beliebt. An seine Stelle trat Herr Lehrer Klaus Ueing aus Köln. Mit Herrn Becker schied zugleich auch Herr Rektor Anton Kolf von der Schule, der die Altersgrenze erreicht hat. Mit ihm scheidet ein Pädagoge, der 40 Jahre die Jugend der Gemeinde unterrichtet hat. Der ebenso ein Stück Geschichte von Fortuna und dessen Entwicklung mit gestaltet hat. Als Abschiedsgeschenk überreichte ihm der Pfarrer eine Biographie von Papst Pius XIl.

Unser Kindergarten

Ende Juni (1958) mußte der Pfarrkindergarten geschlossen werden, da die Leiterin Schwester Vianney aus dem Kloster Bethlehem schwer erkrankte. Als sich herausstellte, dass die Schwester dem Kindergarten nicht mehr vorstehen konnte, teilte Mitte Juli die Generaloberin dem Pfarrer mit, dass eine Schwester wegen Mangel an Schwesternberufen nicht mehr zur Verfügung stände. Der Kirchenvorstand schrieb die Stelle aus und berief Fräulein Maria Güldenberg, geboren in Bottrop. Sie war viele Jahre bereits als Kindergärtnerin tätig gewesen. Zuletzt in Seiferts-Röhn, Diözese Fulda. Fräulein Güldenberg trat ihr Amt am 15. Oktober 1958 an.

Statistischer Überblick zum Jahresende 1959

Die Gesamtzahl der Katholiken unserer Pfarre einschließlich des Klosters beträgt ca. 1550 Personen. Im Berichtsjahr empfingen 17 Kinder die hl. Taufe. 10 Paare spendeten sich das Sakrament der Ehe. 11 Pfarrangehörige starben, der jüngste 4 Monate und der älteste 90 Jahre alt. lm Totenbuch muß man bis 1949 zurückblättern, um eine ähnlich niedrige Sterbeziffer zu finden. Damals starben 9 Pfarrangehörige. Im Jahre 1958 waren es 20. Freitag, den 19. Februar, wäre für den im Kloster Bethlehem im Ruhestand lebenden Pfarrer Josef Scheer, ehem. Kelz bei Düren, der Tag des goldenen Priesterjubiläums gewesen. Dieser Jubiläumstag wurde sein Begräbnistag. Er fand seine letzte Ruhe in Viersen. Im April nahm nach den Osterferien Fräulein Marlene Seiffert, die bisher in Fliesteden tätig war, an unserer Schule ihre Arbeit auf. Damit hat das Lehrerkollegium wieder sechs Lehrkräfte für sieben Klassen. Schon lange hatten wir eine Volkschoralwoche mit Herrn Pater Dr. Wilhelm Lueger CSSR aus Bonn, Dozent an der Musikhochschule Köln, geplant. Bereits 1932 war in unserem Gotteshaus eine solche Woche durchgeführt worden. Die Kinder beteiligten sich eifrig. Etwa 45 Erwachsene nahmen regelmäßig an den abendlichen Choralübungen teil. Pater Lueger verstand es in seiner humorvollen Art hervorragend die Teilnehmer bis zur letzten Stunde zu begeistern. Am 15. Mai sangen wir mit der Gemeinde die neuerlernte dritte Choralmesse im Hochamt um 10 Uhr.

Der erste Höhepunkt des Jahres war der Besuch des Weihbischofs Josef Ferche zur Vornahme der Visitation und der Spendung der hl. Firmung. Der große Tag war Dienstag der 14. Juni 1959. Um 9 Uhr wurde Seine Exzellenz am Kirchenportal empfangen und vor dem Hochaltar vom Pfarrer begrüßt. Dann feierten wir die hl. Messe. Nach dem hl. Opfer spendete der Bischof 130 Firmlingen das hl. Sakrament. Danach wurde er ins Pfarrhaus geleitet. Später wurden ihm der Kirchenvorstand und die Lehrerschaft vorgestellt. Nachmittags folgte die Visitation im Kloster Bethlehem. Anschließend unternahmen wir unter fachkundiger Führung mit dem Bischof eine Besichtigungsfahrt durch den Großtagebau Fortuna-Garsdorf. Exzellenz äußerte sich über seine Eindrücke sehr zufriedenstellend.

Es verstarb am 2. Juni 1960 Heinrich Brokamp. Er war geboren am 12. September 1892 in Elsdorf. Nach dem ersten Weltkrieg (1914-1918) an dem er teilnahm, war er Küster und Organist in Elsdorf. Im Jahre 1923 wurde er der erste Küster, Organist und Chorleiter an der neu errichteten Pfarre St. Barbara in Fortuna. Ab dem 1. November 1938 wurde er Küster an St. Maria Empf. zu Essen Holsterhausen. Hier blieb er bis zu seiner Pensionierung am 1. April 1954. Er erkrankte am 21. Mai 1960 plötzlich an einem Herzinfarkt und starb nach 11 Tagen am 2. Juni 1960 in Essen Der Monat September brachte unserer Pfarre den zweiten seelsorglichen Höhepunkt dieses Jahres, die Missionserneuerung, die von den Hochwürdigen Minoritenpatres Klemens Maria Fritz (der bereits 1958 hier bei der Mission war) und Fidelis Maria Stock gepredigt wurde. Die Beteiligung war, wie vorhergesehen, schlechter als bei der Mission selbst. Die Höchstzahl der Predigtbesucher waren 308 Zuhörer. In der Schlußpredigt sprach Pater Klemens zum Thema , Gott will uns alle, Gott will uns immer, Gott will uns ganz.

In der Generalversammlung des Kirchenchores Fortuna im November 1960, wurde Ludwig Kons einstimmig zum Vorsitzenden gewählt. Kons hat seit Kriegsende dieses Amt inne. Kassierer blieb Josef Müller. Zur Schriftführerin wurde zum ersten Mal in der Geschichte des Chores eine Frau, Ursula Oel, bestimmt. Wolfgang Treutner, der bisher Schriftführer war, ist verzogen.

Statistik des Jahres 1960

1445 Pfarrangehörige
13 Taufen
11 Eheschließungen
21 Sterbefälle ( 8 der Jüngste, die Ältesten 90 Jahre)
2 Konversionen
826 Osterkommunionen (rund 300 keine Osterkommunion)
590 Besucher der Sonntagsmessen (ca.50%)

Priesterjubiläum in Fortuna

Pfarrer Wilhelm Ewens wurde vor 25 Jahren zum Priester geweiht. Der Jubilar wurde um 9.15 Uhr vom Pfarrhaus abgeholt. In der Pfarrkirche wurde ein Festhochamt gefeiert, bei dem Dechant Houben aus Bergheim die Festpredigt hielt. Anschließend war eine Feierstunde im Kasino. Bürgermeister Clever gratulierte dem Jubilar im Namen der Vereine. Als Geschenk überreichte er eine Bronzestatue der heiligen Barbara. Pfarrer Öhm aus Oberaußem und Pfarrer Schlich aus Quadrath wünschten dem Jubilar noch viele Tage im Dienst des Evangeliums. Ganz zu Beginn der Feierlichkeiten hatte Kirchenvorstandsmitglied Ludwig Kons im Namen der Pfarre ein schwarzes und ein grünes Priestergewand überreicht. Dass der Kindergarten und der Mütterverein nicht fehlten, war selbstverständlich. Auch Hauptlehrer Schwarz dankte dem Jubilar für seine Tätigkeit an der katholichen Jugend. Der Kirchenchor, der Männergesangverein und der Schulchor umrahmten die Feierstunde mit Liedern und musikalischen Darbietungen.

Montag, den 20. März 1961

Kirchliche Schulentlassung und Verabschiedung von Fräulein Konrektorin Maria Klostermann. In Verbindung mit der Schulentlassung von 25 Entlassschülern, die in diesem Jahr nach der kirchlichen Feier im kleinen Kasinosaal stattfand, wurde nach 32- jähriger Tätigkeit in Fortuna Fräulein Maria Klostermann (62) verabschiedet, die in den Ruhestand tritt. Fräulein Klostermann wurde am 21. Juni 1898 in Lüneburg geboren. Hier machte sie ihre Ausbildung als Lehrerin und trat 1918 in den Schuldienst. Bis 1929 war sie in verschiedenen Schulen ihrer Heimat. Dann kam sie nach Fortuna und wurde 1954 Konrektorin. Sie wollte eigentlich nur drei Jahre in Fortuna bleiben, schließlich wurden es 32 Jahre. Anfang Dezember verließ sie Fortuna und kehrte in ihre Heimat Lüneburg zurück. Anstelle von Frl. Klostermann begann nach den Osterferien die Lehrerin Frau llse Wasel aus Kenten ihre Tätigkeit an unserer Schule.

Einkleidung und heilige Weihen

Am 24. Mai 1962 wurde Herr Thomas Pauli in das Noviziat der Salesianer Don Bosco in Jünkerath/ Eifel aufgenommen.

Am 22. Februar und 12. Juli empfing Herr Gerd Verhoeven in Köln die heilige Subdiakonats- bzw. Diakonatsweihe

Am 11. Oktober begann in Rom das zweite vatikanische Konzil, auf das nicht nur die katholische Christenheit große Erwartungen setzt. Zur Vorbereitung hielten wir eine Novene zum heiligen Geist.

Das Pfarrpatrozinium St. Barbara begingen wir wieder mit einem feierlichen Hochamt am Fest selbst, dem 4. Dezember. Zelebrant war Msgr. Boos aus Köln. Es predigte der aus unserer Pfarre hervorgegangene Priester und jetzige Pfarrer von Paffendorf, Hans Wingendorf.

Ganz Fortuna feiert die Primiz mit

Gerd Verhoeven wird am 11. Februar 1963 im Dom zu Köln zum Priester geweiht.

Schon dreimal nach dem Kriege konnte die Pfarrgemeinde Fortuna die Primiz eines ihrer Angehörigen feiern. Diesmal war es Gerd Verhoeven der kurz nach 9 Uhr in festlichem Geleit vom Elternhaus abgeholt und zur Pfarrkirchen geführt wurde, wo er seine erste hl. Messe in der Heimatpfarrei zelebrierte und den Gläubigen am Nachmittag den Primizsegen erteilte. Die Predigt hielt sein Studienfreund Kaplan Vorrrath aus Herbede bei Essen. Im Kassinosaal fand nach dem Primizamt eine weltliche Feier statt, zu der zahlreiche Angehörige der Pfarrgemeinde die Vertreter sämtlicher kirchlicher und weltlicher Vereine, die Schulkinder, die Jugendlichen und auch die Kleinsten aus dem Kindergarten erschienen um in Ansprachen, Liedern und Gedichten dem jungen Priester Glück und Segen für die Zukunft zu wünschen. Musikvorträge brachte die Bergmannskapelle unter ihrem Dirigenten Walter Rose Liedervorträge des Kirchenchores unter seinem Dirigenten Lynen, der Schulchor unter Lehrer Leßmann sowie der MGV unter der Stabführung von Matieu Wilkens. Ehrengäste waren die Pfarrer der Nachbargemeinden Oberaußem und Quadrath, der frühere Pfarrer Helbach, sowie Kapläne die jetzt andererorts tätig sind. Von den vorausgegangenen Primizianten des Ortes war der jetzige Pfarrer von Paffendorf, Wingendorf, zugegen. Der erste Primiziant Pfarrer Schmitz von Niederembt konnte leider nicht zugegen sein. Einen Freudentag nannte Pfarrer Ewens, der die Vielzahl der Gratulanten anführte, die Primiz eines Sohnes der Gemeinde. Als Geschenk überreichte er einen Kelch mit einer Widmung. Mit bewegten Worten erinnerte Pfarrer Helbach an die Stunde vor sechs Jahren, da ihm der jetzige Neupriester seinen Entschluß Theologie zu studieren, offenbart habe. Es sei ein kurzes aber inhaltsschweres und entscheidendes Gespräch gewesen. Den Eltern dankte Pfarrer Oehm dafür, dass sie ihren Sohn diesen Berufsweg hätten gehen lassen. Nach Ludwig Kons vom Kirchenvorstand gratulierte Bürgermeister Clever und überreichte eine kostbare Madonnenfigur. Ihren festlichen Ausklang nahm die Feier mit dem Lied „Die Himmel rühmen“, dargeboten vom Kirchenchor und der Bergmannskapelle.

Pfarrer Ewens, Luise Verhoeven (Mutter), Gerd Verhoeven (der Primiziant), Josef Verhoeven (Vater), Pfarrer Bodden (Pfr. in Kirdorf- Blerichen früher Kaplan in Fortuna + 23.02.1976)

Seit dem 1. Juli wurde die Stelle des Kirchenschweizers wieder be setzt, die längere Zeit unbesetzt war, da sich niemand dafür fand. Herr Mathias Schallenberg, Bethlehemerstraße, übernahm dieses Amt als Nachfolger von Herrn Hubert Rausch, der wegen Krankheit ausgeschieden war.

Verkauf des Klosters Bethlehem an die Rheinbraun

In Fortuna ist es schon lange bekannt, dass der Ort umgesiedelt werden soll. Im September kam ein Kaufvertrag zwischen der Rheinbraun und der Genossenschaft der barmherzigen Schwestern von der heiligen Elisabeth zustande, auf Grund dessen das Kloster mit allem zum Kloster gehörenden Wald sowie Land an die Rheinbraun verkauft wird. Die Schwestern müssen bis zum 1. Januar 1966 das Kloster geräumt haben Das neue Kloster Bethlehem entsteht in Erlinghagen, Pfarre Gimborn, Dekanat Gummersbach, und zwar als Exerzitienhaus und Altersheim.

Am 28. März 1965 verstarb Herr Wilhelm Schäfer. Sein Name fand vielfach in der Chronik Erwähnung. Bereits 1920 erbaute Herr Schäfer erstmals die Weihnachtskrippe in der Klosterkapelle zu Bethlehem. In der neuen Pfarrkirche St, Barbara setzte er diese Tradition fort. Diese jährlich von ihm künstlerisch und gestalterisch weiter entwickelte Krippe wurde bald über die Kreisgrenzen hinaus bekannt und zog die Besucher aus dem weiten Umkreis in großen Scharen zur Weihnachtszeit an. 1924 wurden die ursprünglichen Terrakotta-Krippenfiguren durch größere, handgeschnitzte Holzfiguren ersetzt. Herr Schäfer hatte sie nach seinen Vorstellungen bei der Schnitzerfamilie Lang in Oberammergau in Auftrag gegeben. Zu diesem Anlaß war er selbst dorthin gereist, um bei den Schnitzarbeiten zugegen zu sein. Die Gewänder der Figuren wurden vom Paramentenverein der Pfarrgemeinde mit viel Liebe und Idealismus angefertigt. Im Jahre 1936 wurde die Kunstgewerblerin Frau Mertens aus Köln mit dem Entwurf neuer Gewänder und mit der künstlerischen Beratung beim Krippenbau beauftragt. Damit wurden für den Bau der Krippe in Fortuna neue Akzente gesetzt.

Erwähnt sei auch, dass alle Fotos über die Anfänge der Kirche und die Geschehnisse bis 1935 von Herrn Schäfer erstellt und zur Bebilderung dieser Chonik zur Verfügung gestelt wurden. Für die vielen Stunden aufopfernder Mühewaltung im Interesse der Kirche von Fortuna und zur höheren Ehre Gottes sei ihm gedankt.

Im sterbenden Ort die Primiz gefeiert
Junger Priester geht in den Nachbarkreis

Seine Primiz feierte am Sonntag, dem 25. Juni 1978, der 25-jährige Norbert Müller in Fortuna. Er war am Tag zuvor im Kölner Dom zusam- men mit sechs weiteren Priestern von Josef Kardinal Höffner geweiht worden. Nach der hl. Messe in der Pfarrkirche war eine weltliche Feier im Kasinosaal, an der zahlreiche Bürger teilnahmen. Norbert Müller wird seine erste Stelle als Kaplan am 14. August1978 in Euskirchen antreten. Er ist froh weiter im Rheinland bleiben zu können.

Der junge Priester hatte vor sieben Jahren am neusprachlichen Gymnasium in Bergheim sein Abitur gemacht. Danach fing er in Bonn sein Studium der Theologie an. Später wechselte er nach Tübingen. Seit einem Jahr war er in Bedburg als Diakon tätig. Der Schwerpunkt lag während seiner Ausbildung bei den „biblischen Wissenschaften“. Müller ist passionierter Bratschespieler. Seit der Gründung gehört er zum Bergheimer Jugendsinfonieorchester. Die Musiker spielten auch auf der Primizfeier. Unter den zahlreichen Gratulanten waren unter anderem Bürgermeister Hubert Rheinfeld, Ortsvorsteher Max Bleifuß und CDU- Fraktionssprecher Christian Weitz. Norbert Müller hätte gern noch mehr seiner alten Freunde aus Fortuna eingeladen. Allerdings machte die Umsiedlung auch ihm einen Strich durch die Rechnung. Zu viele sind längs weggezogen und deshalb die Kontakte abgebrochen. Er hat nach eigenen Bekundungen viele Adressen nicht mehr herausfinden können.

Pfarrer Forni zu früh abgerufen

Nach dem im September 1964 verstorbenen Pfarrer Ewens folgte als Pfarrer von Fortuna Ceorg Forni. Über den Ablauf seiner Einführung wird in der Chronik nichts berichtet. Ein Zeitungsausschnitt der Kölni- schen Rundschau als schlechte Kopie ist erhalten, diese möchte ich wiedergeben.

Fortuna. Donnerstag, 18. Oktober 1979

Jetzt hat er das Ende der Umsiedlung seiner Gemeinde nicht mehr erlebt. Am Sonntagnachmittag starb plötzlich und unerwartet Georg Forni, Pastor an St. Barbara mit 57 Jahren.

Georg Forni, ein Italo- Schweizer, wurde am 5. April 1922 in Bedretto im Tessin geboren und 1946 zum Priester geweiht. In die Bundesrepublik kam der Seelsorger nur, um Deutsch zu lernen, da er vorhatte, im deutschen Teil der Schweiz zu unterrichten. Einmal in Köln, wurde ihm die Pfarrstelle in Fortuna angeboten. Von seinem Bischof in Lugano nur sehr ungern freigestellt, nahm Pfarrer Forni an. Seit 1964 betreut er die St. Barbara-Gemeinde in Fortuna. Seit dieser Zeit fühlte er sich verpflichtet, in der immer kleiner werdenden Gemeinde auszuharren Obwohl die Seelsorge immer schwieriger wurde, wolte Pfarrer Forni solange bleiben, bis der Bagger vor der Kirchtüre stand.

Am Samstag kam der Priester von einem Urlaub aus seiner Heimat zurück. Am Sonntag feierte er noch mit seinen Pfarrangehorigen die hl. Messe. Doch bereits um die Mittagszeit fühlte er sich nicht ganz wohl. Kurz danach starb er unerwartet. Am Freitag, 19. Oktober, werden um 11 Uhr in der St. Barbara Kirche die Exequien gefeiert werden. Dies wird wohl die letzte Gelegenheit sein, dass sich die Pfarrangehörigen aus nah und fern noch einmal sehen. Wie sich Pfarrer Forni noch kurz vor seinem Tod der Rundschau gegenüber geäußert hatte, soll im April die Kirche ganz geschlossen werden. Ein neuer Pastor wird nicht mehr ernannt. Dechant Heinrich Schlich hat bereits den Oberaussemer Pastor Wilem Sistermanns zum Pfarrverweser ernannt. Pfarrer Forni wird in seiner Schweizer Heimat beigesetzt.

St. Barbara schloß für immer die Kirchentore

Die letzte hl. Messe in Fortuna feierte die ehemalige Gemeinde mit ihren Geistlichen am Sonntag, dem 27. April 1980, in der Kirche St. Barbara. Das Gotteshaus soll in diesem Jahr abgebrochen werden. Mehr als 600 Fortunesen kamen zu diesem Anlaß aus ihren neuen Wohnorten Bergheim, Ober/Niederaußem oder sonstwo zusammen. In kleiner Prozession wurden die Geistlichen vom Jugendhaus an den schon zugemauerten und verlassenen Häusern Fortunas vorbei zur tannengeschmückten Kirche geleitet. Hier warteten bereits die Gläubigen dicht gedrängt, als die Priester feierlich in die Kirche einzogen. Viele Fortunesen versuchten erst gar nicht ihre Tränen zu verbergen, die ihnen im Bewußtsein, das letzte Mal in dieser Kirche die heilige Messe zu feiern, über die Wangen liefen. Sie waren noch einmal gekommen, um endlich von Fortuna und St. Barbara Abschied zu nehmen. Nicht alle Gläubigen konnte die Kirche fassen. So standen viele noch dicht gedrängt in und vor dem Eingang, um mit dabei zu sein. Prälat Hubert Henze, der mit Dechant Schlich und Pfarrverwalter Sistermanns die Messfeier hielt, machten in der Voransprache auf den traurigen Anlaß dieses Gottesdienstes aufmerksam. Viele Gemeindemitglieder waren hier getauft worden, zur Erstkommunion gegangen oder hatten sich vor diesem Altar das Jawort gegeben. Nun sind die Gläubigen wegen des bevorstehenden Tagebaus in verschiedene Orte umgesiedelt. Noch 80 Fortunesen wohnen in dem kleinen Bergarbeiterdorf, das durch die vielen zugemauerten Häuser ein trostloses Bild liefert.

Nach dem Gottesdienst, einem Hochamt von mehr als einer Stunde trafen sich alle Kirchgänger im alten Kasino von Fortuna, um in einem gelockerten Rahmen alte Erinnerungen auszutauschen und aus den Augen verlorene Nachbarn und Freunde wieder zu sehen. Die Kirche wurde fest verschlossen nachdem die wertvollen Heiligtümer entfernt wurden. Einige kleinere Statuen erhält die Georgskapelle in Bergheim. Die herrliche Krippe kam nach Hüchelhoven. Für die hl. Barbara wurde in Oberaußem eine Kapelle gebaut. Den hl. Josef holte sich die Pfarrgemeinde Rheinbreitbach 2004 aus einem Depot in Brühl zurück in ihre Kirche. Der Kirchturm wird neben der Kirche in Oberaussem aufgestellt.

Ansichtskarte von Fortuna, Kraftwerk, Kirche, Kloster Bethlehem (Besitz Adi Kornmann)
Die Jungschützen der St. Josef Schützenbruderschaft Fortuna 1952 Fahnenschwenker Martin Aus, Jungschützenmeister Theo Bondü (Foto: Ludwig Kraus)
Schützenfest 1963, v.I. Heinrich Bondü, Brudermeister, Adolf Hütten, Ria Kraus, Königin, Ludwig Kraus, Schützenkönig, Willi Drexler, Theo Bondü, Adam Hilgers, Josef Bergrat ( Foto Ludwig Kraus)
Der Mütterverein feierte 1965 Karneval im Kasino (Foto Ria Kraus)
Für das erste Auto der Familie mußte eine Garage gebaut werden v.I. Helmut Kraus, Bernhard Kraus, Reiner Düppen, Ludwig Kraus. (Foto von 1958 Ludwig Kraus)
vI. Heinz Engel, Reiner Düppen, Martin Aus, 2.R. Ludwig Kraus, Hans- Gustaf Oel, Theo Bondü (Lehrer), Josef SchrỎ- der, Rudolf Jumpertz, ??? Esser, sitzend: Hubert Roggen, Erich Jumpert, Hans Josef Meurer, Helmut Kraus, Bernd Rüntz, Oberaußem. Aufnahme 1954 vor dem Kölner Schwimmstadion, danach Bahnfahrt nach Lindau. Radtouren am Bodensee. (Foto Ludwig Kraus)
Die Kath. Jugend- Tischtennisabteilung ca. 1919/50 v.I. Erich Jumpertz, Reiner Düppen, Rudolf Jumpertz, Adolf Hütten, (1.Vors.). Ludwig Kraus, Bernd Pfarr, Helmut Kraus. (Foto:L. Kraus)
Besuch im Salzbergwerk Berchtesgaden 1955 v. I. Hubert Roggen, Erich Jumpertz, Rudolf Jumpertz, Helmut Kraus Theo Bondü, Hans-Gustaf Oel, Ludwig Kraus, Josef Schröder, ??? Esser, Bernd Rüntz. (Foto: Josef Schröder)
In der Grubenstraße wurde Fußball gespielt, v.. Ludwig Kraus, Rudolf Jumpertz, Peter Konrad, Reiner Schallenberg, Willi Frings. (Foto: von 1946 L. Kraus)
Ein Sonntgsspaziergang, Martin Aus, Reiner Düppen, Hubert Roggen, Ludwig Kraus
(Foto Ludwig Kraus)
Die Burg Holtrop im Sommer
Die Burg Holtrop im Winter

Einen ganz besonderen Dank möchte ich all denen aussprechen die mir bisher bei der Zusammenstellung der , Heimatblätter“ geholfen haben.

Durch Fotos und Hinweise durch Recherchen und Korrekturen.

Ganz besonders bedanke ich mich bei unseren Vorstandsmitgliedern Rolf Kremer, Kaspar Haas, Johannes Hübner, Klaus Gülden, und Maria Kornmann.

Ebenso bei Adi Kornmann, Ludwig und Ria Kraus, Prof. Dr. Josef Schröder und Josef Müller.